
Rotkehlchen – niedlich, kämpferisch und emanzipiert
- Text und Bild: Ernst Hofmann
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Nicht nur äusserlich und beim Singen sind Weibchen und Männchen gleich sondern auch betreffend Eigenständigkeit, Besitz und Kampfgeist – eine emanzipierte Partnerschaft! Saisonehe und Singleleben – eine besondere Lebensform im Vogelreich.
Besonders im Winter erfreut das Rotkehlchen uns Menschen am Futterbrett mit seiner zierlichen Schönheit und seinem stimmungsvollen Gesang. Durch die rundliche Gestalt, das leuchtend orangefarbene Antlitz und mit den grossen dunklen «Knopfäugli» löst es bei uns den Jö-Effekt aus. Die Art zählt zu den häufigsten Brutvögeln der Schweiz. Weibchen und Männchen sind rein äusserlich nicht zu unterscheiden. Im Herbst ziehen viele heimische Rotkehlchen weg in den wärmeren Süden. Rotkehlchen sind im Herbst und Winter Einzelgänger, besetzen ein eigenes Revier und markieren dieses akustisch durch Gesang. Daher singen Rotkehlchen fast das ganze Jahr und zwar nicht nur die Männchen, sondern auch die Weibchen, allerdings ein wenig leiser. Den kleinen süssen Rotkehlchen mag man es kaum zutrauen, aber sie können sehr rabiat, aggressiv und durchsetzungsfähig sein. Selbst ihr Spiegelbild oder eine Attrappe bekämpfen sie aufs heftigste, es könnte ja ein Rivale sein.
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Die Rotkehlchen führen eine sogenannte Ortsehe, d.h. beide Partner bleiben ihrem Brutrevier über Jahre treu. Während Rotkehlchenpaare zur Brutzeit fest zusammenhalten und auf Leben und Tod gegen Fremdlinge kämpfen, gehen sich die Partner nach dem Ausfliegen der Jungen strikt aus dem Wege. Sie trennen sich von allen Gemeinsamkeiten. Das Revier wird geteilt in eine weibliche und männliche Hälfte. Falls die beiden über den Winter südwärts ziehen, treffen sie sich im Frühjahr wieder am alten Ort in ihrem Revier. Dann beginnt wieder die Suche nach Nähe und Verständnis. Die trennenden Grenzen der Einzelreviere werden aufgelöst und die alte Ehe kann wieder neu aufflammen. Man spricht hier von monogamer Saisonehe, die sich zur Brutzeit am gleichen Ort jeweils mit gleichem Partner wiederholt. In der übrigen Zeit sind beide Geschlechter vogelfrei – frei wie ein Vogel.
Autor: Ernst Hofmann, 5726 Unterkulm
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