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Veröffentlicht 07. September 2016

Knorpeltherapien – was ist sinnvoll?

  • Bild: Akram Huseyn auf Unsplash
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Die Entwicklung eines Knorpelverschleisses ist wohl eines der grössten Probleme in der orthopädischen Chirurgie – sowohl für den behandelnden Arzt, aber vor allem für den betroffenen Patienten.

Abhängig vom Gelenk kommt es immer wieder zu entzündlichen Schüben, die dann die typischen Ruhe-, Anlauf-, aber auch Belastungsschmerzen verursachen.

Symptomatisch kann hier meist mit antientzündlichen Medikamenten, die den Wirkstoff Diclofenac oder Ibuprofen enthalten, therapiert werden. Bei stärksten Schmerzen kann ausnahmsweise auch mal eine kortisonhaltige Spritze ins betroffene Gelenk helfen.

Für sogenannte Spritzenkuren, die von einigen Ärzten oder Herstellern als moderne Knorpeltherapie angepriesen werden und die v. a. Hyaluronsäure enthalten, gibt es keine grösseren unabhängigen Studien, die eine Wirksamkeit belegen. Unabhängig heisst in diesem Zusammenhang: nicht von den Herstellerunternehmen bezahlt. Aus diesem Grund werden solche Therapieformen auch nicht von den Krankenkassen oder Unfallversicherern übernommen.

Für die Einnahme von Komponenten des Knorpels in Tablettenform bestehen hingegen positive Studien, auch mit höheren Fallzahlen. Diese Medikamente sind eher als Nahrungsergänzungsmittel zu werten und enthalten Chondroitinsulfat und sogenannte Glykosaminoglykane.

Operative Massnahmen reichen von der Transplantation von Knorpel-Knochen-Zylindern aus wenig belasteten Arealen in Defektareale vor allem beim jungen Sportler, der sich bei einem Unfall Knorpelareale sozusagen «abschlägt», bis zur Mikrofrakturierung, bei welcher der unter dem Knorpeldefekt gelegene Knochen perforiert wird, da in dieser Schicht Zellen liegen, die eine Knorpelneubildung anregen können.

Hoffnungen darf man auch in die autologe Chondrocytentransplantation (ACT) setzen, bei der eigene Knorpelzellen in einem ersten Eingriff entnommen, ausserhalb im Labor vermehrt und gezüchtet und dann wieder – in Zukunft in Form eines Gels – auf die defekte Stelle aufgetragen werden können. Ein sehr teures Verfahren, für welches die Versicherer bisher kaum eine Kostengutsprache erteilen.

Letztlich muss man auch die gelenkersetzenden Methoden, also z. B. das künstliche Kniegelenk, erwähnen. Dies darf jedoch immer nur die letzte Möglichkeit sein, einen Knorpelschaden zu therapieren, und ist den Fällen vorbehalten, wo grossflächige Defekte bei älteren Patienten existieren.

Man kann somit derzeit auf eine Fülle von Behandlungsmöglichkeiten zurückgreifen. Das Anspruchsvolle ist, das für den Patienten abhängig von Grösse des Schadens, Alter und Anspruch beste Verfahren herauszusuchen.

Wichtig zu erwähnen, dass alle Therapiemassnahmen oft auch in eine generelle Änderung des Lebensstils eingebunden werden müssen. So häufig die Gewichtsreduzierung, den Erhalt der Gelenkbeweglichkeit durch Dehnungsübungen oder sogar Yoga oder ein Mindestmass an sportlicher Bewegung.

 

Dr. med. Michael Kettenring
Facharzt FMH für Chirurgie und Unfallchirurgie


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