Vogel gefunden

Abends nach neun Uhr erreicht mich im Notfalldienst der Anruf eines Herrn aus Emmenbrücke, der nicht weiss, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt. Er habe nämlich auf dem Spaziergang einen Vogel gefunden, der nicht davongeflogen sei und habe diesen mit nach Hause genommen.

Leider können wir am Telefon nicht mit Sicherheit herausfinden, ob es sich um einen Jungvogel handelt oder ob er verletzt sein könnte. Dem Finder ist aber äusserlich nichts Ungewöhnliches an dem Tier aufgefallen. Es ist Ende Mai und die Wahrscheinlichkeit daher gross, dass es sich um einen Jungvogel handelt, der das Nest verlassen hat, jedoch noch nicht 100 % flugreif ist und daher von seinen Eltern aus der Ferne beobachtet und mit Futter versorgt wird. Daher sollte man in dieser Situation die Vögel an ihrem Platz lassen und, falls man sich Sorgen macht, für einige Stunden aus der Ferne beobachten, um zu sehen, ob er mit Futter versorgt wird. Befindet sich der Vogel nahe an einer befahrenen Strasse, oder befürchtet man, dass eine Katze den wehrlosen Vogel entdecken könnte, so darf man ihn anfassen und in ein Gebüsch oder auf einen erhöhten Standort ganz in der Nähe verpflanzen. Das Anfassen hat keine Konsequenzen für die Akzeptanz bei den Eltern.

Vom Anrufenden also gut gemeint, aber leider falsch gehandelt. Ich empfehle, den Vogel möglichst schnell wieder an den Fundplatz zurückzubringen oder andernfalls am nächsten Tag die Vogelwarte Sempach zu kontaktieren, wo der Vogel aufgezogen und später in die Freiheit entlassen werden könnte. Beim Verfassen dieses Textes google ich durch die Seiten und stosse dabei auch auf die Homepage der Vogelwarte Sempach – auf welcher detailliert alle nötigen Informationen zu diesem Fall zu finden wären. Manchmal nutzen wir unser Mobiltelefon leider im entscheidenden Moment nicht sinnvoll. Erst seit kurzem kenne auch ich die Funktion «Google Lens». Unbekanntes Tier mit dieser im Google-Suchfenster rechts positionierten Funktion fotografieren, und man erhält Vorschläge und Informationen, worum es sich handeln könnte. Leider vergass ich, den Anrufenden darauf aufmerksam zu machen. Womöglich hätte ihm Google den Vorschlag gemacht, dass es sich um eine junge Amsel handelt.

Dr. med. vet. Patrick Curschellas
Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG
6215 Beromünster
www.kleintierpraxiskueng.ch

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