Ein Leben für den Waldlehrpfad
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Wer in Unterkulm durch den Ischlag-Wald streift, hat gute Chancen, dabei auf einen Mann mit Hacke und Astschere zu treffen, im Sommer manchmal auch mit einer Spritzkanne. Wer ist dieser Mann mit seinen ungewöhnlichen Utensilien?
Des Rätsels Lösung heisst Roland Eugster! Roland betreut seit Ende der 90er-Jahre den Waldlehrpfad in Unterkulm mit Leib und Seele. Gefragt, wie er zu seiner Lebensaufgabe kam, meint er, er sei da wohl hineingerutscht. Der damalige Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Unterkulm (NVVU), Peter Hofmann, habe ihn um Mithilfe angefragt, zuerst bei der Nistkastenpflege. Da der Waldlehrpfad sich zu jener Zeit in einem sehr schlechten Zustand befand, begann Roland, Pfähle neu zu setzen, Infotafeln selber herzustellen und Neuanpflanzungen vorzunehmen. Offensichtlich gefiel das einem Zeitgenossen nicht, auf jeden Fall wurden immer wieder Pfähle ausgerissen. Roland nahm daraufhin seinen Fotoapparat mit auf Tour und sprach einen Verdächtigen direkt darauf an, dass er gerne im Wald fotografiere. Daraufhin wurden keine Pfähle mehr entfernt …
Zusammen mit Hans Müller (Däzli-Hans), seinem jüngeren Bruder Herbert und selbst seiner Frau Heidi verwandelte Roland den Waldlehrpfad in ein Bijou. Über 90 Tafeln wiesen auf unterschiedliche Bäume und Büsche im Ischlagwald hin. Dann aber kam am 26.12.1999 Wintersturm «Lothar». Er entwurzelte zahlreiche Bäume, Waldstrassen mussten gesperrt werden und der Waldlehrpfad wurde stark in Mitleidenschaft gezogen. Aber Roland liess sich nicht entmutigen. Jungpflanzen wurden neu gesetzt und beschildert und Wege wieder instand gesetzt. Ein Höhepunkt war im Jahr 2006 das 25-Jahre-Jubiläum des Waldlehrpfades. Eine neue Infotafel am Anfang des Lehrpfades konnte eingeweiht werden und Roland als Hauptverantwortlicher sorgt seither zusammen mit Mitgliedern des NVVU dafür, dass der Lehrpfad immer bestens unterhalten wird. Besonders gefreut hat ihn die Aussage des ehemaligen Försters Markus Wildi, der einem Gemeindeammann aus dem Suhrental vorschwärmte, der Unterkulmer Waldlehrpfad sei der Schönste weit und breit! Gefreut haben ihn aber auch die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung und die Schulklassen, die den Waldlehrpfad besuchten.
Gefragt nach seinem traurigsten Erlebnis meint Roland, der Verlust eines Mammutbaumes habe ihn sehr getroffen. Diesen Baum hatte Roland besonders ins Herz geschlossen und in warmen Sommern schleppte er Spritzkannen voll Wasser Hunderte Meter weit, um den Baum zu bewässern. Umso mehr war er schockiert, als er eines Morgens feststellen musste, dass der Baum umgefahren worden war. Es stellte sich heraus, dass ein Lohnunternehmen beim Aufforsten zu wenig aufgepasst hatte und den vier Meter hohen Baum unwiderruflich schädigte. Immerhin liess sich der Förster nicht lumpen und schon wenig später wurde ein neuer Mammutbaum gepflanzt, der seither prächtig gedeiht.
Während seiner über 30-jährigen Zeit, in der Roland praktisch täglich im Ischlagwald unterwegs ist, liessen sich auch immer wieder Veränderungen feststellen. Er konnte praktisch zusehen, wie der Borkenkäfer zahlreiche Fichten befiel. Auch Neophyten wie das Einjährige und das Kanadische Berufkraut breiteten sich beträchtlich aus. In letzter Zeit war es vor allem die Eschenwelke, die Eschen reihenweise absterben liess. Den Mountainbike-Trail, der über einen Teil des Waldlehrpfades führt, beobachtet Roland mit Sorge. In dieser langen Zeit lernte Roland aber auch viel. Mit einem Schmunzeln erzählt er, dass er anfangs nicht genau wusste, was eine Fichte sei. Im Laufe der Zeit legte er sich viel Fachliteratur zu und kann in der Zwischenzeit die Bäume fast im Schlaf bestimmen. Der Waldlehrpfad war für ihn Freude und Erholung vom stressigen Berufsleben und seinem Asthma, das ihn immer wieder plagte. Nun, mit 80 Jahren, möchte er die Aufgaben in jüngere Hände legen und freut sich sehr, dass mit Michael Riesen, gelerntem Forstwart aus Unterkulm, schon ein Nachfolger gefunden werden konnte. Michael wird den Unterhalt des Lehrpfades auf Anfang nächstes Jahr übernehmen. Ganz loslassen kann Roland allerdings noch nicht, die Nistkästen im Gebiet wird er weiterhin betreuen, meint aber, dass er seinem Nachfolger bestimmt nicht auf die Finger schauen werde!
Roland, für deinen riesengrossen, unermüdlichen Einsatz zu Gunsten des Waldlehrpfades und eines lebenswerten Unterkulm möchten wir dir im Namen des NVVU ganz herzlich danken und wünschen dir weiterhin viele glückliche Stunden zusammen mit Heidi und in «deinem» Ischlagwald!
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