Der Star – Eheliche Untreue in der Vogelwelt
- Text: Ernst Hofmann, Unterkulm
- Bild: Michael Graf auf Wikipedia
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Endlich Frühling! Unsere Singvögel erfreuen uns wieder mit ihrem vielfältigen Gesang, den sie mit voller Inbrunst vortragen. Mit dem Aufkeimen der Liebeslust durch die länger werdenden Tage beginnt für sie die Werbe- oder Balzzeit.
Die Balz ist eigentlich die Verlobungszeit der Vögel, wo die Männchen über Gesang, Kunstflüge, Wettkampf und Tanzvorführungen ihre angebetete Partnerin auf sich aufmerksam machen wollen. Es ist Damenwahl bei den Vögeln. Die Männchen müssen die Auserwählte mit Imponieren durch Schönheit, Kraft, Futterhäppchen und Showeinlagen zu überzeugen versuchen. Reagiert das Weibchen auf ein beeindruckendes Männchen, so gibt es ein Rendezvous. Dabei lässt sich die Dame das neue Heim vom Freier zeigen. Ist das Weibchen damit einverstanden, so steht der Heirat nichts mehr im Wege. Es folgt die Paarung und die beiden gehen für die Brutzeit oder eine Brutsaison eine Ehe ein, wo man sich gegenseitig bei der Betreuung der Jungmannschaft unterstützt. Die Brutsaison besteht bei unseren Singvögeln meistens aus mehreren Bruten mit dem gleichen Ehepartner. Ausnahmen gibt es bei einer gescheiterten Brut oder Ehescheidung bei etwa der Hälfte der Starenmännchen. Dann besteht das Vogeljahr nicht nur aus einer Heirat pro Saison, sondern aus zwei oder mehreren Eheschliessungen, also eine Art von Kurzehen.
Gleich nach der Ankunft der Stare im Februar suchen sich die Starenmännchen ein Wohngebiet mit einer geeigneten Bruthöhle. Wenn möglich auch noch mehr davon. Man kann ja nie wissen, wozu ein zusätzliches Heim gut sein kann. Mit einem ausdauernden Singkonzert aus imitierten Melodien von anderen Vogelarten wie Mäusebussard, Amsel oder Katzen, Handytönen etc. weiss er die Damenwelt zu überzeugen. Der Star ist ein echter Verführer. Mit seinem grünviolett glänzenden Prachtkleid gibt er eine Vorstellung vom Feinsten. Von seiner Showbühne, einem exponierten Ast, der Singwarte, präsentiert er seine perfekte Solo-Show. Seine Gesangsauftritte, garniert mit munteren Plaudereien, witzigen Einlagen aus perfekten Imitationen, wimmernden Tönen und schrillen Pfiffen sind alles andere als langweilig. Die Pfiffe eines Starenvogels haben sogar schon in England den Abbruch eines Fussballspieles erzwungen. Der Star hatte die Schiedsrichterpfeife perfekt nachgeahmt und damit die Fussballstars wie die Zuschauer zur Verzweiflung gebracht.
So hält sich mancher Starenmann für einen angehimmelten Star, dem die Weibchen zu Füssen liegen. Damit macht er seinem Namen alle Ehre, ganz im Sinne mancher Stars aus Hollywood. Mit einem Blütenteppich im vorbereiteten Liebesnest kann das Starenfräulein einer Einladung nur schwer widerstehen. Der Einfallsreichtum des Charmeurs kennt da keine Grenzen. Manche Stare lieben es, auf mehreren Hochzeiten zu tanzen. Das kann entweder nacheinander erfolgen oder aber auch parallel sein. Selbst Fremdbegattung ohne jede Hochzeitszeremonie und ausserhalb des Ehebundes sind den Staren nicht fremd.
Wie die Showstars lieben die Stare die grosse Gesellschaft, die einen anhimmelt und bewundert. Beide streben nach Anerkennung. Dabei spielt es keine Rolle mehr, wer mit wem im gleichen Nest gelegen hat und wer mit wem mal eine Affäre hatte. Staren sind nicht nachtragend. Umso mehr halten sie zusammen, wenn es im Herbst wieder gemeinsam als riesiger Starenschwarm gegen Süden geht.
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