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Veröffentlicht 16. Mai 2023

Weinbergschnecke: weiblich, männlich oder beides?

  • Text und Bild: Ernst Hofmann, Unterkulm
  • Urheber-/Nutzungsrechte: Link öffnen

Unsere grösste Gehäuseschnecke, die Weinbergschnecke, liebt es, wenn es feucht ist. Bei trockenem, heissem Wetter hält sie sich versteckt. Dabei verschliesst sie das Gehäuse mit einer dicken Schleimschicht, sodass sie vor dem Austrocknen geschützt ist. Im Winter schläft sie in einer selbstgegrabenen Erdhöhle oder im Laub.

Zuvor frisst sie reichlich, dann gräbt sie sich in die Erde ein, zieht sich in ihr Gehäuse zurück und verschliesst es mit einem Kalkdeckel. Dann fällt sie in eine Winterstarre. Wird es im Frühjahr wieder wärmer, stösst sie den Kalkdeckel ab und kriecht wieder empor an die Erdoberfläche. Das Baumaterial des Schneckengehäuses besteht zu 95 % aus Kalk, der über die Nahrung aufgenommen wird. Deshalb sind Gehäuseschnecken so zahlreich auf kalkhaltigen Böden anzutreffen, zum Beispiel in Weinbergen, was ihnen wohl den Namen gegeben hat. Das Haus ist für die Schnecke lebenswichtig. Es bewahrt sie vor dem Austrocknen, schützt die Organe im Inneren und hält Fressfeinde wie Vögel, Füchse, Mäuse und Maulwürfe ab. Ist ein Teil davon beschädigt, nimmt das Tier vermehrt kalkhaltige Nahrung auf und filtert diesen Baustoff heraus. Aus speziellen Drüsen aus dem Rücken sondert es dann die noch weiche Kalkmasse ab und schliesst auf diese Weise von innen die Lücke. Sollte allerdings der Grossteil des Hauses zerstört sein, kann das Tier so ungeschützt nicht lange überleben.

Die Schnecke gehört zu den Weichtieren. Ihr weicher Körper besitzt kein Skelett aus Knochen. Er ist in Kopf, Fuss und Eingeweide unterteilt. Eine drüsige Körperdecke, der Mantel, scheidet eine Kalkschale aus. Am Kopf sitzen zwei verschieden lange Fühlerpaare. Das untere Fühlerpaar ist kurz und dient als Tastorgan. Am oberen sitzen dunkle Punkte. Es sind einfache Augen, mit denen sie grobe Umrisse unterscheiden kann. Bei Berührung werden die Fühler eingezogen. Am Kopf ist auch ein Mund mit einer Raspelzunge, mit der sie ihre vegetarische Nahrung aufnimmt. Der muskulöse Fuss ist als Kriechfuss ausgebildet. Fortlaufende Muskelwellen schieben das Tier auf einer Schleimspur vorwärts. Dies ermöglicht es, sogar über sandig-trockene Erde oder messerscharfe Gegenstände zu kriechen. In der Haut des Fusses verfügt die Schnecke auch über Temperatur-, Lage-, Feuchtigkeits- und Geruchsinn. Auf dem Rücken kann man am Rand des Gehäuses das Atemloch erkennen, durch das die Schnecke Luft aufnimmt.

Mann oder Frau – diese Frage stellt sich einer Weinbergschnecke nicht. Sie ist beides, und das zur gleichen Zeit, ein sogenannter Zwitter. Das heisst, jede Schnecke ist sowohl Männchen als auch Weibchen und besitzt männliche und weibliche Geschlechtsorgane. Jede Weinbergschnecke muss sich aber mit einer anderen Weinbergschnecke paaren, da sich die Tiere nicht selbst befruchten können. Paarungszeit ist von März bis Juni. Bei der Paarung, die bis zu 20 Stunden dauern kann, richten sich zwei Schnecken Fuss an Fuss aneinander auf, betasten sich mit den Fühlern, wiegen sich langsam hin und her und tauschen gegenseitig ihre Spermien aus. Dabei kann es zum Einsatz von sogenannten Liebespfeilen kommen. Dies sind ca. 1 cm lange Kalkpfeile, die sich die Schnecken gegenseitig in den Fuss stechen und die den Verlauf der Paarung günstig beeinflussen. 

Etwa vier bis sechs Wochen nach der Paarung gräbt die Schnecke eine Grube, in die sie bis zu 80 weisse Eier legt. Danach verschliesst sie die Grube mit Erde und überlässt das Gelege sich selbst. Etwa zwei Wochen später schlüpfen die Jungschnecken und besitzen bereits ein durchsichtiges Gehäuse. Dabei ist der Erfolg doppelt, da beide Partner für Nachwuchs sorgen.



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