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Veröffentlicht 11. Januar 2016

Komplexe Knieverletzungen

  • Bild: Oleksandr Pyrohov auf Pixabay
  • Urheber-/Nutzungsrechte: Link öffnen

Der Winter und damit das Skifahren stehen vor der Tür. Dies ist häufig auch eine arbeitsreiche Zeit für Kniechirurgen.

Durch die Entwicklung der Carvingski – vor allem mit immer kleineren Radien – haben die Verletzungen des Kniegelenkes in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Es braucht häufig keinen Sturz mehr, um sich wichtige Teile des Kniegelenkes zu schädigen. Eine kleine unerkannte Bodenwelle reicht häufig bei hohen Kurvengeschwindigkeiten aus, das Kreuzband auch ohne Sturz reissen zu lassen. Im Skirennsport hat man deshalb in der Königsdisziplin, dem Riesenslalom, Ski mit kurzen Radien verboten, um diese Verletzungen zu reduzieren.

Die Kniechirurgie versucht, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Die Kreuzbandchirurgie hat sich ebenfalls weiterentwickelt. Es lässt sich heute ein Ersatzband aus körpereigenem Gewebe über kleine Zugänge per Schlüssellochtechnik einbringen, die Verankerungsmöglichkeiten im Knochen sind ebenfalls besser geworden.

Auch weiss man heute, dass nicht jeder Patient ein neues Kreuzband benötigt. Es kommt hier auf das Alter, Begleitverletzungen, die sportlichen Ambitionen, den gesamten Körperbau und viele weitere Faktoren an, sodass man dies bei jedem Patienten individuell entscheiden muss.

Zugenommen hat auch die Häufigkeit von Komplexverletzungen. Hier reisst nicht nur EIN Band, sondern mehrere, oder zusätzlich kommt es zu Meniskuszerreissungen oder Knorpelschäden. Gerade diese Verletzungen stellen den behandelnden Arzt und den Patienten vor grosse Herausforderungen. Die richtige Abfolge und der richtige Zeitpunkt der einzelnen Behandlungen – ob konservativ oder operativ – sind hier entscheidend. So macht es beispielsweise keinen Sinn, eine Kreuzbandrekonstruktion in einem Zustand durchzuführen, in dem das Kniegelenk noch durch andere Verletzungen, welche nicht unbedingt operiert werden müssen, schmerzhaft und bewegungseingeschränkt ist.

Es braucht also wie häufig in der Medizin immer eine individuelle, auf den jeweiligen Patienten zugeschnittene Entscheidung. Und es braucht eine entsprechende Erfahrung des behandelnden Arztes mit solchen Fällen. Wie in jedem anderen Beruf macht es wenig Sinn, ein Mal pro Jahr eine komplexe Problemstellung zu bewältigen. Erfahrung erwirbt man sich nur durch die häufige Wiederholung eines Ablaufs.

Leider ist jede ausgedehnte Verletzung des Kniegelenks auch immer der Startpunkt der Entwicklung einer Arthrose. Aufgabe von Arzt, Physiotherapeut und Patient ist es, diese Entwicklung sehr verzögert und langsam zu gestalten.

 

Dr. med. Michael Kettenring
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie


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