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Veröffentlicht 27. November 2019

Unfall oder Krankheit?

  • Bild: Dr. Manuel González Reyes, Pixabay
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Vor dieser Frage stehen Patienten, Versicherungen und Ärzte immer wieder. Ein Unfall ist definiert als «eine plötzliche, nicht beabsichtigte, schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen und psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat».

Bei Schäden, die sowohl durch äussere Einwirkung, als auch durch Verschleiss hervorgerufen sein können, ist die Einordnung schwierig. Deshalb gibt es eine Liste von acht Körperschädigungen, die auch vom Unfallversicherer übernommen werden, sofern sie nicht überwiegend degenerativ bedingt sind. Hierzu gehören beispielsweise Meniskus- und Sehnenrisse oder Knochenbrüche.

Wer bestimmt nun beispielsweise, ob ein Meniskus- oder Sehnenriss durch Verschleiss entstanden ist oder durch einen Unfall? Man sieht es ihm selten an. Weder vermag die Kernspintomografie noch die Spiegelung des Gelenkes hier weiterzuhelfen. Ab einem gewissen Alter ist die Degeneration sicher wahrscheinlicher, trotzdem kann ein Meniskusriss auch noch mit 60 Lebensjahren unfallbedingt sein.

Hierzu gibt es wenig valide Studien. Das Ergebnis ist, dass sich Unfallversicherung und Krankenversicherung in solchen Fällen häufig versuchen, die Kosten gegenseitig zuzuschieben. Ein Prozess, der häufig auch über mehrere Monate läuft. Es werden berechtigte Einsprachen von Seiten des Patienten gemacht, welche von mir schriftlich unterstützt werden, aber letztendlich entscheidet die Unfallversicherung ob sie den Fall übernimmt. Es bleibt hier vielen Patienten nur der Rechtsweg, den sie häufig nicht beschreiten wollen, aus Angst, im Falle eines negativen Entscheids auf den Kosten sitzenzubleiben.

Letztendlich entscheiden bei den Unfallversicherungen Ärzte, die weder den Patienten jemals gesehen, noch den Befund während der Operation gesehen haben – eine wirkliche Schwäche dieses Systems.

In letzter Zeit häufen sich diejenigen Fälle, bei denen es noch unlogischer zugeht: Verletzt man sich den Meniskus, versucht man meist heutzutage eine konservative Therapie ohne Operation. Gelingt dies jedoch nicht und muss man nach etwa 8 bis 10 Wochen doch operieren, verabschiedet sich häufig die Unfallversicherung aus dem Fall mit der Begründung, nach 6 Wochen sei automatisch der Zustand vor dem Unfall erreicht und der Meniskusriss sozusagen automatisch geheilt. Dies ist nicht nur unredlich dem Patienten gegenüber, sondern medizinisch schlichtweg falsch.

Eine Revision dieses teilweise willkürlichen Systems wäre dringend notwendig.

Dr. Michael Kettenring


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