Zum Hauptinhalt springen
Veröffentlicht 04. Oktober 2023

Gefiederte Patienten

  • Bild: Danganhfoto auf Pixabay
  • Urheber-/Nutzungsrechte: Link öffnen

Vorweg gleich zur Klarstellung: Wir sind keine Geflügelpraxis und ehrlich gesagt, versuchen wir uns auch etwas vor den gefiederten Patienten zu drücken. Es fehlt uns in diesem Gebiet einfach das spezifische Wissen und die Erfahrung.

Trotzdem schauen wir uns die Patienten aber auf Wunsch der Besitzer mal an und beraten, wie es weiter gehen könnte oder überweisen an Geflügelspezialisten. Das junge Huhn, welches uns am Samstagvormittag vorgestellt wurde, war nicht mehr stehfähig. Ihm fehlte die Kraft, jedoch war der Allgemeinzustand befriedigend und das äus­serliche Aussehen sonst unauffällig. Bis auf das Unvermögen, auf den Beinen zu stehen. Wollte man es auf die Beine stellen, so grätschten diese nach vorne und hinten weg und das Huhn sass im Spagat am Boden. Im Studium hatten wir doch mal von der «Marek’schen Hühnerlähmung» gehört, vermochte ich mich zu erinnern. So griffen wir nach dem Fachbuch und recherchierten: Alter, Herkunft, Verlauf und Symptome würden perfekt passen.

Die Prognose war jedoch schlecht, das Tier würde daran sterben, bzw. die Krankheit ist nicht heilbar und die Lähmung würde schlimmer werden, was mit den Prinzipien des Tierschutzes nicht vereinbar war. Mit dem Einverständnis der Besitzer euthanasierten wir das Huhn und machten eine Sektion/Autopsie, um die veränderten Nervenbahnen zu identifizieren. Die Nerven sahen aber, verglichen mit dem Bild im Fachbuch, unverändert aus. Waren wir auf dem falschen Weg und die Krankheit vielleicht gar nicht mehr verbreitet? Denn in professionellen Geflügelbetrieben werden die Eintagsküken gegen diese Herpesvirusinfektion geimpft und die Krankheit ist daher selten. Wie weit sie in Hobbyzuchten verbreitet ist, wusste ich aber nicht und erkundigte mich daher bei der Geflügelabteilung des Tierspitals Zürich. Ich erfuhr, dass die Marek’sche Hühnerlähmung doch recht häufig in Hobbyzuchten diagnostiziert werde und bei weitem nicht immer veränderte Nerven dargestellt werden können. Vorbeugend kann in dieser betroffenen Hühnergruppe leider nichts gemacht werden. Es bleibt zu hoffen, dass die weiteren Hühner genügend Immunität aufgebaut haben und gesund bleiben.

Übrigens stand zufälligerweise an diesem Samstag «Brathähnchen», also Poulet, zu Hause auf unserem Menuplan. Ich versichere Ihnen aber, dass ich eins beim Metzger geholt habe.

Dr. med. vet. Patrick Curschellas
Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster
www.kleintierpraxiskueng.ch

 


Beitrag teilen: