Ein Beinwiler Nachtwächter, der einst eine Viertelstunde nach Mitternacht durch die Plattenstrasse ging, glaubte, im nahen Tobelwäldchen seltsame Töne zu vernehmen. Schnell blies er sein Windlicht aus. Vorsichtig schlich er an den Rand des Wäldchens und äugte ins Tobel hinunter.
Da sah er, dass sich unheimliche Gestalten pfeifend und kreischend im Kreise drehten. Hexen und Hexer rasten auf ihren Besen um die Bäume. Von nah und fern waren die bösen Geister gekommen. Der Wächter erkannte viele Verstorbene aus dem See- und Wynental, aus dem Luzernischen und aus dem Freiamt.
Plötzlich landete eine alte, runzelige Hexe, die früher in Beinwil gelebt hatte, neben ihm. Mit keifender Stimme sagte sie: «Hast du mich und die anderen erkannt? Wehe dir, wenn du einer einzigen Menschenseele erzählst, was du hier gesehen hast! Du wärest bald ein toter Mann!» Der verängstigte Beinwiler versprach, niemandem etwas zu verraten, und rannte nach Hause. Nachdem er sich erholt hatte, berichtete er seiner Frau, was er erlebt hatte. Namen erwähnte er aber keine. Die Frau suchte noch vor Tagesanbruch den Geistlichen auf, und ein paar Stunden später räucherte dieser das Wäldchen mit Weihrauch aus. Damit verbannte er die bösen Geister. Seit jenem Tag wird die Bachtalen von den Einheimischen «Hexenwäldchen» genannt.
Irgendwo soll noch ein silbernes Kreuzchen vergraben sein, das die Frau des Wächters heimlich in die Erde steckte. Wer es aber findet, soll es lieber liegen lassen, denn sonst könnten die Hexen zurückkehren.
Im Tobelhölzli befindet sich auf der südlichen Seite eine Quelle. Diese entspringt jener Stelle, an der einst eine Mutter ihr Kind tötete. Jede Nacht treibt es die unglückliche Mutter, die keine Ruhe findet, an den Tatort zurück, wo sie bittere Tränen weint. Um Mitternacht findet sie sich ein, und dort, wo sie ihre Schuld beklagt, sickert Wasser aus dem Boden.
(Volksmund. Quelle: Buch Beinwil am See von Dr. Karl Gautschi)