In der Gemeinde Oberkulm führt von dem Dorfteile, der Im Obersteg heisst, ein Fussweg westwärts bergan zu einem Schutthaufen, welcher das Überbleibsel einer alten Wohnstatt ist. Als man dies Haus auf den Abbruch verkaufte, räumte man nicht alles Gestein mit weg, sondern liess zur Vorsicht gerade soviel am Platze, als einem unsaubern Geist zum Unterschlupf nötig ist.
Fährt man aber alles Baumaterial mit fort, so schafft man sich damit den alten Hausgeist in den Neubau hinein.
Von diesem Steinhaufen her hören die zunächst wohnenden Bauern bisweilen nacheinander drei laute Schreie, als ob ein Kind schmerzhaft in den letzten Zügen aufschrie. Ein älterer Bauer aus der Nachbarschaft kennt dieses Wehegeschrei gleichfalls und gibt an, das sei der Angstruf von des Seckelmeisters Kind.
Ein Seckelmeister habe vor langem sein Haus an jenem Steinhaufen gehabt und es allein mit seinem unehelichen Kind bewohnt. Eines Tages ging er mit diesem in den oberen Berg hinauf, wo zur linken Seite des steilen Pfades ein Stück Land liegt, das ehemals, als hier der Weidgang noch nicht abgeschafft war, das «chli Weidli» hiess und nun Eichenrain. Die Stelle ist bis auf eine Lücke rings von Wald umgeben und wird in ihrer einzigen Lichtung noch durch einen hohen Hügel verdeckt, so dass sie ganz einsam liegt.
Der Mann hatte Haue und Schaufel mitgenommen und grub hier ein Loch. Auf des Kindes Frage, wer da hinein müsse, sagte der Vater, «das Hündlein.» Als er das Loch fertig hatte, liess er die Schaufel hinunter fallen und befahl dem Kleinen, sie wieder herauf zu holen. Wahrend das Kind hinab stieg, schlug es der Vater mit der Haue tot und scharrte das Loch zu.
(nach Rochholz, Schweizer Sagen)