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Veröffentlicht 25. Oktober 2024

Früher war alles besser!

Hätten Sie's gewusst?

enshittification2(Bild: Bruno auf Pixabay)

Eine Aussage, die kontinuierlich von Generation zu Generation weitergegeben wird. Haben Sie sich auch schon dabei ertappt, dass Ihnen eben genau dieser Gedanke durch den Kopf ging? Vielleicht schon bei den einfachen Dingen des Alltags, z. B. beim Zubereiten des Znüni-Sandwiches? Das Pièce de Résistance: Die Verpackung der Schinkenscheiben! Schon das Ablösen der Deckfolie wird zur Geduldsprobe, und wenn man die viel zu kleine und zu fest verklebte Ecke dann mit bereits ziemlich schweissigen Händen endlich gelöst hat, reisst der Plastik quer über die ganze Verpackung. Vorbei ist es mit der angepriesenen Wiederverschliessbarkeit. Schneller und nervenschonender ist bei der nächsten Packung dann sicher der Griff zum Messer. Die Schinkenverpackungen sind zwar mit (wahrscheinlich) grossem Aufwand eines mehrköpfigen Spezialistenteams und mit umfassenden Feldversuchen weiterentwickelt worden, aber sind sie nun wirklich besser als ihre Vorgänger-Verpackungen? Die Füchse haben da so ihre Zweifel …

Dass früher alles besser gewesen sein soll, ist natürlich den meisten Fällen nicht zutreffend. Denken wir nur an die Errungenschaften der Medizin, Wissenschaft und Technik etc. Es gibt jedoch einige Bereiche, die sich in die entgegengesetzte Richtung zu entwickeln scheinen. Was geschieht zum Beispiel in Zukunft mit dem Internet, welches sich je länger je mehr zur digitalen Abfalldeponie der belanglosen Inhalte entwickelt?

«Enshittification»

«Zuscheissung» (äxgüsi): Ein Begriff, der vom kanadisch-britischen Autor Cory Doctorow geprägt wurde und die zunehmende Verschlechterung des Internets – insbesondere die Plattformen der Tech-Giganten – umschreibt. Dabei lassen sich Aufstieg und Fall in typische Phasen unterteilen:

Der Nutzer steht im Mittelpunkt
Bei neu lancierten Plattformen liegt der Fokus zu Beginn eindeutig darauf, den Benutzerinnen und Benutzern ein neuartiges Erlebnis zu ermöglichen. Dabei stehen der Nutzen, die Bedienfreundlichkeit oder günstige Preise für die Plattformbesuchenden im Vordergrund, egal ob Suchmaschine, Social Media oder Onlineshop. Dank der positiven Erfahrungen der User/-innen verbreitet sich das Tool sehr schnell, die Interaktionen steigen rasant und es entsteht sehr schnell eine Bindung zum «coolen» Angebot (Nutzerbindung).

Jetzt muss Geld her
Je grösser und wichtiger die Plattform wird, desto höher werden auch die finanziellen Aufwendungen der Betreiber. Ganz legitim, dass man in dieser Phase nach Einnahmequellen sucht, um das Angebot am Leben zu erhalten. Werbeanzeigen, Abomodelle und Premiumfunktionen gegen Bezahlung halten Einzug. Geschieht dies mit einer gewissen Zurückhaltung, bleibt das positive Nutzererlebnis weitgehend erhalten.

Der Nutzer rückt in den Hintergrund
Sobald sich die Prioritäten des Plattformbetreibers vom User zu den Investoren (die wollen ja Geld verdienen) hin verlagert, kippt das ganze System. Die Besuchenden sehen immer mehr Werbung und erhalten nicht die Suchergebnisse/Inhalte, die sie eigentlich möchten, sondern bezahlte Anzeigen. Doctorow: «Amazon-Suchen bringen keine Ergebnisse auf Basis deiner Suche, sondern zeigen dir eine Liste mit Produkten, deren Verkäufer dafür bezahlt haben, dass sie dir angezeigt werden.»

Die Qualität nimmt ab
Das Nutzererlebnis verschlechtert sich weiter: Immer mehr Werbung, die Monetarisierung steht vor der Qualität der Inhalte und häufig bleibt auch der Datenschutz auf der Strecke.

Der definitive Abstieg
Das anfänglich nutzerzentrierte Angebot verschlechtert sich weiter, denn der Profit steht über allem. Immer mehr User kehren der Plattform den Rücken und suchen nach Alternativen. Der Anfang vom Ende …

Die Rolle der KI 

KI-generierte Inhalte beschleunigen diesen Prozess. Da KI grundsätzlich nicht zwischen «gutem» und «schlechtem» Inhalt unterscheiden kann und als Quelle für den neu generierten Content das Internet selbst nach Inhalten abgrast, ist dies der Qualität der neu generierten Medien nicht wirklich förderlich. Die Katze beisst sich also quasi selber in den Schwanz. Einige Beispiele:

  • Fake-Sachbücher vermüllen die Amazon-Suche. (Washington Post)
  • Google-News empfiehlt KI-generierten Quark. (404 Media)
  • Hunderttausende Menschen folgen KI-Influencer/-innen auf Instagram. (HandelsblattOMR)

Weitere Beispiele finden Sie im Social Media Watchblog von Martin Fehrensen & Simon Hurtz

Auch wir haben schon mit der KI rumgespielt, siehe Potz Fuchs «Alles nur geklaut» und «Der Wynensee». Das ist aber dann auch schon alles und ist klar gekennzeichnet als KI-generierter Inhalt.

Besteht noch Hoffnung auf Besserung? 

Gemäss den Autoren des Social Media Watchblogs definitiv ja. Während die Qualität der KI-generierten Inhalte wie oben beschrieben stetig abnimmt, steigt auf der anderen Seite die Wertschätzung und die Nachfrage nach menschgemachten Inhalten («Bio-Content») immer mehr. 

Genauso machen wir das beim Dorfheftli: von Menschen für Menschen! 

dorfheftli bio content

 

Weiterführende Links / Quellen:
Enshittification – Wie das Internet zur digitalen Müllhalde wird (Radio Hochstift)
The ‘Enshittification’ of TikTok (Wired)
AI überschwemmt das Internet. Wohin fliehst du? (Gregor Schmalzried)
Social Media Watchblog
Kreativ-Enshittification (House of Yas)
Die Abwärtsspirale: Das Verständnis von Enshittification in Online-Plattformen (ViOffice)
Pluralistic, Cory Doctorow
Enshittification - oder die Vermüllung des Internet (Miriam Meckel, Linkedin)
Wikipedia

… das hani wörkli ned gwösst!

 


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