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Veröffentlicht 06. Dezember 2024

Lost Places

Hätten Sie's gewusst?

… oder: Wenn ein aufgegebener Minigolfplatz zum Social-Media-Star wird.

enshittification2Grandiose Aussicht auf den Grand Saint-Bernard aus 2789 m.ü.M., unterhalb der Grande Chenalette VS (Bild: Reto Fuchs)

Vor lauter Aussicht das Interessante nicht fotografiert

Während einer Bergwanderung im fast südlichsten Zipfel des Wallis vergass der eine Fuchs wieder einmal – überwältigt vom wunderbaren Panorama – das eigentlich Interessante zu fotografieren. An exakt dem Ort, an dem das Foto entstand, wäre nämlich die Ruine einer ehemaligen Seilbahn-Bergstation ein spannendes Lost-Place-Fotomotiv gewesen. Grrr … vor lauter Staunen ging das Knipsen vergessen.

Auf der Rückfahrt ins Tal wäre ein weiterer Lost Place direkt am Strassenrand ebenfalls einen längeren Fotohalt wert gewesen. Die langsam knurrenden Mägen der Mitfahrenden verhinderten dies jedoch vehement, und als Chauffeur aus dem fahrenden Auto zu knipsen ist natürlich ein absolutes No-Go. Zurück im Feriendomizil schnappte sich der Fuchs vor lauter Gwunder sofort den Laptop, machte sich auf die digitale Suche und siehe da:

chenalette1954 wurde hier die damals weltweit höchste (einsitzige) Sesselbahn eröffnet. Nach Ablauf der Konzession 1996 wurden die Masten und Seile zurückgebaut. Auf der Karte von 1994 ist die Sesselbahn noch eingezeichnet (Bilder: Screenshots map.geo.admin.ch).

 

super st bernard karteBekannt aus der ersten Tschugger-Serie: die Talstation «Super St-Bernard». Lange Zeit ein Freeride-Mekka, 2010 kam das finanzielle Aus und ein Rückbau hätte ebenfalls Unsummen verschlungen. So wurden lediglich die Seile aus Sicherheitsgründen entfernt und der Bau schliesslich sich selbst überlassen (Bilder: Screenshot aus Google Street View und map.geo.admin.ch). 

 

Zurück in heimatlichen Gefilden

Da hat der Fuchs nicht schlecht gestaunt … Mitte November geisterte ein Post durch Facebook mit einem «Lost Place» quasi vor der Haustür:

minigolf(Bild: Geschlossene Minigolfanlage, Screenshot Facebook)

Im ersten Moment entlockte dieser Post dem Fuchs ein Schmunzeln, wurde der Beitrag doch von vielen geliked, geteilt und fleissig kommentiert. Ganz offensichtlich, dass verlassene oder stillgelegte Orte auf zahlreiche Menschen einen speziellen Reiz ausüben und spannende Motive zum «Zahn der Zeit» und zur Rückeroberung durch die Natur bieten.

Unweigerlich drängt sich aber auch der Gedanke auf, welche Auswirkung die Veröffentlichung dieser – zugegeben – interessanten Fotos nach sich ziehen mag. Dass daraus allenfalls ein regelrechter Hype wird – wie beispielsweise beim Berggasthaus Äscher, dem Seealpsee oder den zum Ärger der Einheimischen völlig überlaufenen Foto-Hotspots im Berner Oberland – davon gehen wir jedoch nicht aus. Eine verwachsene Anlage bietet wohl doch nicht den perfekten Hintergrund für das Selfie eines frisch verliebten Touristenpärchens … 

Vor allem während der Wintermonate strahlt der Garten des einen Fuchs manchmal auch den Charme eines Lost Place aus und damit womöglich eine gewisse Anziehungskraft für Lost-Place-Jäger. Ob der Fuchs Freude an zahlreichen, spontan interessierten Fotografen hätte, sei mal dahingestellt. Ganz zu schweigen vom Besitzer des Minigolfplatzes, der wohl über die Bilder seiner Anlage nicht nur gestaunt hat …

Quellen und weiterführende Informationen:
Lost Ropeways
Memobase (mit Ausschnitt Filmwochenschau 1954)
Alpinforum
Pays du St-Bernard
Enviadi
Urbex Datenbank

 

… das hani wörkli ned gwösst!

 

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