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Veröffentlicht 20. August 2021

Ulmensterben – ein fremder Pilz mit tödlichen Folgen

  • Text und Bild: Ernst Hofmann
  • Urheber-/Nutzungsrechte: Link öffnen

Eine aufmerksame Naturfreundin beobachtet  an einem Stamm einer beinahe laublosen Ulme eine Vielzahl von Insekten: Hornissen, Schmetterlinge, verschiedene Fliegenarten, metallisch grün-goldene Käfer, Ameisen und andere mehr, die sich offensichtlich laben an einem Saftmahl. Was geht hier vor?

Seit Beginn der 1970er Jahre breitet sich das Ulmen­sterben oder die Ulmenwelke epidemieartig in Europa aus. In der Schweiz sind seit den 1970er Jahren grosse Schäden an Stadt- und Parkbäumen sowie an natürlichen Beständen zu verzeichnen. Ursprünglich stammt die Krankheit aus Asien und gelangte über Holzimporte in die Niederlande. 

Die Krankheit wird durch einen eingeschleppten Pilz verursacht. Der Pilz verstopft die Leitungsbahnen der Ulme, so dass Blätter und Äste verdorren. Die kranke Ulme gibt durch die aufgerissene Borke und Rinde Baumsäfte ab, die für Insekten eine köstliche Mahlzeit bietet.

Der Pilz breitet sich über Sporen via Wind um seinen Wirtsbaum herum aus. Die Bäume  sterben dann innerhalb von zwei bis fünf Jahren ab. Was aber die Krankheit gefährlich macht, ist ein kleiner Helfer namens Ulmensplintkäfer, der zu der Gattung der Borkenkäfer zählt. Der Ulmensplintkäfer bohrt seine Larvengänge in die Rinde und schädigt so den Baum. Die schlüpfenden Larven legen Frassgänge an. Sie wachsen in den Gängen heran und kommen mit dem Pilz in Kontakt. Nach der Verpuppung befreit sich der Jungkäfer indem er ein Ausflugsloch in die Rinde frisst. Am Körper nimmt er die Pilzsporen aus den Gängen mit und fliegt zur nächsten Ulme, wo er sich in die Rinde bohrt, um zu fressen. Dabei gibt er die Pilzsporen direkt in die Wasser- und Nährstoffleitbahnen des Baumes und schafft damit ideale Bedingungen für eine Infektion von innen heraus.

Die Ulme sendet bei Verletzungen Lockstoffe aus, von denen die Ulmensplintkäfer angelockt werden. Neuere Forschungsergebnisse zeigen auf, dass offenbar der fremde Pilz die Ulme zwingt, solche Duftstoffe zu produzieren, um noch mehr Ulmensplintkäfer anzulocken. Ursache des Ulmensterbens sind somit verschiedene Faktoren: Einerseits ist der globale Handel zu nennen, durch den die fremden Pilze (= Neomyceten) unabsichtlich mit dem Import von Handelsgütern, hier Ulmenholz, eingeschleppt wurden. Anderseits ist eine fremde Pilzart beteiligt, die im Ursprungsgebiet in Asien vorkommt und dort kein Ulmensterben auslöst. Die dortigen Ulmen waren über Jahrtausende  mit dem heimischen Pilz einer Auslese (= Selektion) ausgesetzt, wo nur die Widerstandsfähigsten (= Resistenten) überlebten. Da bei unseren einheimischen Ulmen für diesen Pilz kein entsprechendes Abwehrsystem (= Immunsystem) vorhanden war, konnte sich die Krankheit in Europa ungehindert ausbreiten. Und letztlich unterstützten unsere heimischen Ulmensplintkäfer die Ausbreitung der Epidemie. Neuartige, fremde Eindringlinge kennt man nicht nur bei Pilzen, sondern auch bei Pflanzen (= Neophyten), Tieren (= Neozooen), Bakterien (z. B. Pest im Mittelalter) und eben auch bei Viren (z. B. Covid-19-Virus).


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