Zugvögel – Pendeln zwischen zwei Welten
- Text: Ernst Hofmann, Unterkulm
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Im Herbst fliegen viele Vögel in den Süden und im Frühjahr kehren sie wieder zurück. Zu den Zugvögeln gehören viele bei uns heimische Arten wie unsere Schwalben, der Weissstorch oder der Hausrotschwanz. Bei Zugvögeln steuert das Verhältnis der Tageslänge zur Nachtlänge den Zeitpunkt des Eintreffens aus dem Süden und des Wegfliegens.
Dabei gilt je nach Vogelart eine Faustregel: Je früher sie im Jahr eintreffen, desto später ziehen sie wieder weg, d. h. die Anzahl Tage vor dem längsten Tag (um den 21. Juni) entspricht circa denen danach. So trifft der Hausrotschwanz bereits im März ein und reist erst im Oktober wieder ab, während der Mauersegler erst Ende April, Anfang Mai kommt und fliegt bereits Anfang August wieder südwärts. Der jahreszeitliche Sonnenstand beeinflusst im Körper der Vögel Hormone, die bewirken, dass sie unruhiger werden. Gleichzeitig nehmen die Vögel vermehrt Nahrung auf. Bei Singvögeln sind das anstelle von Insekten mit vorwiegend Eiweissgehalt für die Aufzucht der Jungvögel nun oft Früchte und Sämereien. Diese werden in Fett umgesetzt, das als Energielieferant für den Vogelzug dient.
Rund ein Viertel aller Arten zieht am Tag, zum Beispiel Greifvögel und Störche, die als Segelflieger auf warme Luftmassen angewiesen sind. Der Rest nimmt den Weg nach dem Eindunkeln bis frühmorgens unter die Flügel. Das hat einige Vorteile: Es ist weniger heiss, es hat weniger Feinde und tagsüber kann Nahrung aufgenommen werden.
Wie finden Rauchschwalben ihr Überwinterungsgebiet im Kongobecken und bei der Rückkehr in die Schweiz den Bauernhof, wo sie alljährlich brüten? Vögel können die Zugrichtung anhand der Stellung von Sternen und Sonne am Himmel orientieren. Scheint die Sonne nicht oder sind die Sterne verdeckt, nehmen sie das Erdmagnetfeld zu Hilfe. Für die Zielorientierung dienen ihnen in der Jugend gespeicherte, prägende Landmarken wie Gebirge, Flüsse oder Küsten als Leitlinien. Bei einigen Vögeln ist das Zugprogramm genetisch festgelegt: Der Kuckuck findet damit als allein ziehender Jungvogel seinen Weg nach Afrika südlich des Äquators. Andere Vogelarten ziehen im Schwarm und lernen so von älteren Vögeln, welches die besten Zugwege und Überwinterungsgebiete sind.
Unser heutiges Vogelzugsystem wurde vor allem durch die Eiszeiten geprägt, die vor rund 15 000 Jahren zu Ende gingen. Die Klimaveränderung ermöglichte es vielen Vogelarten, neue Gebiete in Europa zu besiedeln, wo sie in den eisfreien Gebieten reichlich Nahrung, aber kaum Konkurrenz und Feinde im Sommer vorfanden. Nahrungsmangel oder ungünstige Wetterverhältnisse im Winter zwang sie Richtung Süden auszuweichen. Ausgenommen sind Standvögel wie Hausspatz und Rabenkrähe, die als ganze Population auch im Winter im Brutgebiet ausharren. Kohlmeisen, Blaumeisen und Stare genügt es, als sogenannte Strichvögel, nur einige Kilometer in geschütztere Gebiete wegzufliegen. Gibt es extrem strenge Winter in Nordeuropa oder in den Bergen, so weichen ganze Schwärme von Bergfinken aus den Alpen oder Rotkehlchen aus Skandinavien als Invasionsvögel ins schweizerische Mittelland aus. Kurzstreckenzieher, wie der Hausrotschwanz oder die Singdrossel, ziehen in wärmere Gebiete nach Südeuropa. Bei Teilziehern, wie die Buchfinken, fliegen vor allem Weibchen und Jungvögel Richtung Süden, während Männchen bei uns eher an Ort bleiben und frühzeitig ein Brutrevier besetzen. Langstreckenzieher wie Schwalben und Mauersegler beziehen südlich der Sahara ihr Winterquartier. Die meisten Insektenfresser gehören dazu, da im Winter bei uns in Europa diese Nahrung nicht ausreichend vorhanden ist.
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