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Veröffentlicht 01. Mai 2024

Freude mit Formularen und Attesten

  • Bild: Krissie auf Pixabay
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Vor ca. zwei Jahren war ich auf einem orthopädisch-unfallchirurgischen Kongress in Süddeutschland. Dort wurde ein Vortrag mit oben genanntem Titel gehalten. Für mich als jemand, der sich niemals an die Flut von Versicherungsanfragen gewöhnen wird, ein vermeintlich lohnender Vortrag.

Vielleicht wäre es ja möglich, in Zukunft das Ausfüllen von Versicherungsformularen und ähnlichem als nicht mehr ganz so störend, drangsalierend und nervig zu empfinden. Also setzte ich mich mit einigen Kollegen, die wohl auch etwas Unterstützung und Hilfe bezüglich dieses Themas benötigten, in den Vortrag. Ein junger Kollege, gerade erst zwei Jahre aus dem Studium, dozierte über das Ausfüllen von Versicherungsanfragen, Datenschutz, das Ausfüllen von Attesten und anderen Formularen, die einem Arzt beispielsweise auch von Lebensversicherungen geschickt werden, um zu bestätigen, dass der gerissene Meniskus nichts mit einer akuten Lebensbedrohung zu tun hat.

Der junge Kollege hatte sich mit einem Studienkollegen darauf spezialisiert, all diese Anfragen, Formulare, diese ganze Flut von bürokratischen Anforderungen Spitälern und grossen orthopädischen Praxen abzunehmen und sie so zu entlasten. Quasi ein Start-up für die Abnahme der bürokratischen Verpflichtungen für Gesundheitsdienstleister. Leider arbeitete der junge Kollege nur in Deutschland und nicht in der Schweiz, wie ich in der Kaffeepause bei einem kurzen Gespräch mit ihm erfuhr.

Er machte einen sehr netten und dynamischen Eindruck und erwähnte, dass er eigentlich Unfallchirurgie hätte machen wollen. Jetzt sei aber diese Idee, die er mit seiner Firma gehabt habe, voll eingeschlagen und sie dächten schon an einen deutlichen Ausbau der Standorte.

Dieses Gespräch liess mich etwas desillusioniert zurück. Junge Kollegen, sicher geeignet für eine Karriere in der Chirurgie, entscheiden sich aufgrund der besseren Verdienstmöglichkeiten in ihrem Start-Up und der schlechten Arbeitsbedingungen an deutschen Krankenhäusern gegen eine Arbeit als Arzt nach einem nach wie vor fordernden Studium.

Wo sind wir hingekommen?
Durch immer weiteren Bürokratieaufbau, welcher auch immer mehr Kosten verursacht, müssen sich Spitäler und Praxen schon Hilfe und Unterstützung holen, nur um letztendlich noch Zeit zu finden, um sich um ihren eigentlichen Auftrag kümmern zu können. Und beauftragen Ärzte, die wiederum in der medizinischen Versorgung fehlen. Verrückte Verhältnisse.

Dr. med. Michael Kettenring

 


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