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Veröffentlicht 10. August 2015

Kleine Materialkunde

  • Bild: Andersonvr auf Pixabay

Viele Patienten fragen sich, aus welchen Materialien denn eigentlich ein künstliches Knie- oder Hüftgelenk besteht.

Bei künstlichen Gelenken ist wohl immer noch die Cobalt-Chrom-Legierung die am häufigsten verwendete bei den metallenen Anteilen. Immer häufiger werden auch Titanlegierungen eingebracht. Die Kunststoffkomponenten bestehen aus Polyethylen, das mit speziellen Verfahren sehr unempfindlich gegen den sogenannten «Abrieb» gemacht wird. Durch die stetige Belastung des künstlichen Gelenkes über die Jahre und bestenfalls Jahrzehnte kommt es zu einem Abreiben des Kunststoffs, ähnlich dem Abreiben des Gelenkknorpels bei einem normalen Gelenk. Diese kleinen Kunststoffpartikel setzen sich um das Gelenk ab, auch in dem Spalt zwischen Prothese und Knochen oder zwischen Knochenzement und Knochen. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion, in deren Folge sich der direkt angrenzende Knochen etwas auflöst und so die Prothese ausgelockert wird.

Weitere Materialien sind Keramik (Hüfte) sowie der Knochenzement. Mit diesem werden die Prothesen quasi in den Knochen «geklebt». Der Knochenzement ist chemisch gesehen PMMA, polymeres Methylmethacrylat, interessanterweise chemisch gleich Plexiglas. Damit man es aber im Röntgenbild sieht, wird es mit Zirkoniumdioxid weisslich gemacht. Zusätzlich kommt noch Gentamicin, ein Antibiotikum, zur Vorbeugung von Infektionen hinzu.

Die meisten Hüftprothesen werden heute jedoch ohne Zement eingebracht. Sie halten per Presssitz, d.h. sie verklemmen sich im Knochen. Dieser wächst dann innerhalb von Wochen in die Oberfläche der Prothese ein. Diese Prothesen sind deshalb an ihrer Oberfläche auch etwas rauher. Der Vorteil der unzementierten Technik besteht unter anderem in der einfacheren Wechseloperation, sollte dies einmal notwendig sein.

Im Bereich des Knie- oder auch Schultergelenks werden die meisten Prothesen jedoch noch mit Knochenzement eingebracht, da komplett zementfreie Systeme noch nicht die gleichen Erfolgsraten zeigen wie zementierte.

Technik, Zementierung und Art der Prothese sind aber auch immer sehr abhängig vom Patienten. Deshalb ist es notwendig, immer verschiedene Modelle und Techniken vorzuhalten, um bei jedem Gelenkersatz eine individuelle Entscheidung zugunsten des Patienten treffen zu können.

 

Dr. Michael Kettenring


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