Skip to main content
Veröffentlicht 05. Februar 2018

Schöne neue Medizinwelt

  • Bild: StockSnap auf Pixabay
  • Urheber-/Nutzungsrechte: Link öffnen

Es gab eine Zeit, da bestand die Belegschaft eines Spitals vor allem aus Ärzten und Pflegenden. Noch ein paar Leute in der Hauswirtschaft, technischer Dienst, Sanitäter für den Ausseneinsatz und ganz wenige Mitarbeitende in der Verwaltung, die dafür sorgten, dass diejenigen, die am Patienten arbeiteten, also die Funktion eines Spitals ausfüllten, entlastet wurden, vor allem von Administration, Abrechnung, Personalwesen oder ähnlichen Zeitfressern, die nur dafür sorgen, dass man weniger Zeit am Patient verbringt.

Diese Zeiten sind lange vorbei. Wie in der Privatwirtschaft auch, bürden wir uns aufgrund eines Hanges zur Risikominimierung immer mehr Absicherung und damit immer mehr damit verbundene Dokumentation auf.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Medizinische Sicherheit und sichere Abläufe sind wichtig im Spitalbetrieb. Die Realität sieht inzwischen jedoch anders aus. Die vorgeschriebene Dokumentation hat jedes vernünftige Mass lange überschritten. Hierfür sind natürlich Stellen in der Verwaltung geschaffen worden. Man muss ja die Effizienz derjenigen kontrollieren, die die eigentliche Arbeit machen. Das ist durchaus gut gemeint, schafft aber immer mehr Dokumentationszwänge, um diesen Kontrollmechanismen Genüge zu tun. Dabei halten sie die pflegenden und ärztlichen Mitarbeiter nur von der eigentlichen Arbeit ab. Die Jobmaschine Gesundheitswesen hat eine Menge Jobs generiert, aber eben nur in der Verwaltung.

Zudem wird der Druck von Seiten der Kostenträger von Jahr zu Jahr immer grösser. Die Bescheinigungs-, Attest- und Zeugnisflut ist immens. Teilweise muss für jeden Arzttermin in der Praxis ein eigener Bericht an die zuständige Kasse oder Unfallversicherung erfolgen.

Ein Arzt/eine Ärtzin oder ein Pfleger/eine Pflegende hat diesen Beruf nicht gewählt, um 70% der Zeit oder noch mehr mit Verwaltung und Dokumentation beschäftigt zu sein. Das erzeugt Unzufriedenheit und Frust, der irgendwann darin endet, dass es nicht mehr genügend Interessierte für diese eigentlich so schöne Tätigkeit am Menschen geben wird.

Auch die Qualität wird sicher nicht steigen, denn operieren lernt ein junger Kollege nicht am Computer bei der Dokumentation, sondern im Operationssaal.


Dr. med. Michael Kettenring


Beitrag teilen: