Unnötige Operationen Teil 2
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Im März 2017 veröffentlichte das dorfheftli einen Artikel von mir mit dem Titel Unnötige Operationen?. Leider muss man feststellen, dass sich seit damals wenig geändert hat. Ich denke, die Probleme haben eher noch zugenommen. Somit habe ich das Fragezeichen in der Überschrift dieses Mal weggelassen. Hier 3 Beispiele:
1. Ich sehe in meiner Praxis immer wieder Patienten, die an primär nicht operationswürdigen Läsionen z.B. am Knie von Meniskus oder an der Schulter von Sehnenanrissen ohne vorausgehende konservative, also nicht operative Therapie (z.B. Physiotherapie) kurzfristig operiert wurden. Die Studienlage ist hier inzwischen eindeutig: Ohne eine entsprechende lange Vorgeschichte ohne Besserung oder einen Therapieversuch mit Physiotherapie, Schmerzmitteln und Eigenbehandlung zu Hause ist ein Verschleissriss des Meniskus NICHT mehr primär operativ zu behandeln. Im Ausland kann man hierfür als Arzt inzwischen verklagt werden, in der Schweiz wird dies leider immer noch häufig durchgeführt. Es wäre hier an den Standesorganisationen, entsprechende auch verbindliche Richtlinien durchzusetzen.
2. Sehnenanrisse oder -einengungen an der Schulter werden primär nicht operativ behandelt. Konservative Massnahmen wie Physiotherapie haben eine Erfolgsrate von ca. 75%, die operative Behandlung ebenso, sie ist jedoch mehrfach teurer und beinhaltet für den Patienten gewisse Risiken. Bei kompletten Sehnenabrissen verhält es sich jedoch anders.
3. Seit 3 Jahren müssen einseitige Leistenbrüche in der Schweiz aus Kostengründen zwingend ambulant operiert werden wie im Ausland schon seit 15 Jahren. Doppelseitige Brüche dürfen noch stationär im Spital verbleiben, womit das Spital deutlich mehr Geld generiert als bei einem ambulanten Fall. In diesen 3 Jahren hat an manchen Spitälern die Doppelseitigkeit der Leistenbrüche um ein vielfaches, also um mehrere hundert Prozent zugenommen. Also entweder waren früher die meisten Leistenbrüche falsch als nur einseitig fehldiagnostiziert oder es werden seitdem viele unnötige doppelseitige Operationen durchgeführt.
Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Swiss Orthopaedics hat auf dem Jahreskongress 2019 ein Ampelsystem initiiert. Rot heisst dabei: Kein belegter Nutzen für den Patienten und unbedingt zu unterlassen sind z.B. die Operation von Aussenbandverletzungen des Sprunggelenkes oder Risse der langen Bizepssehne an der Schulter sowie die meisten Innenbandverletzungen am Knie.
Dies ist ein erster Schritt. Ein zweiter kann von Patientenseite die Einholung einer Zweitmeinung sein, wogegen ein verantwortungsvoller Chirurg/Orthopäde niemals etwas einwenden würde.
Dr. Michael Kettenring
Quelle: Dr. med. Michael Kettenring und Dr. med. Bernd Heinrich sind Belegärzte am Asana Spital Menziken AG
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