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Veröffentlicht 22. April 2020

Das «Hornersyndrom»

  • Bild: Michael Streicher
  • Urheber-/Nutzungsrechte: Link öffnen

«Was ist das Hornersyndrom?» Das wäre doch eine gute Quiz- oder Rätselfrage. Haben Sie eine Idee? Mit Hupen («Hornen») oder Beulen am Kopf («ein Horn») hat das gar nichts zu tun. Ebenso wenig mit den Kuh- oder Wildtierhörnern. Nein, wenn wir hier davon schreiben, so wird es sich um ein medizinisches Syndrom (Definition Syndrom = durch das gemeinsame Auftreten bestimmter charakteristischer Symptome gekennzeichnetes Krankheitsbild) handeln, das beim Tier, jedoch auch beim Menschen auftritt.

Und wer hat’s erfunden? Natürlich die Schweizer, bzw. genauer gesagt ein Schweizer Namens Johann Friedrich Horner (geb. 1831, gest. 1886, jeweils in Zürich). Horner war Begründer der Schweizer Augenheilkunde und somit Augenarzt und Sie ahnen es natürlich schon: Es geht um eine Augenerkrankung. Genauer genommen ist aber nicht das Auge selber erkrankt, sondern gewisse Nervenbahnen die zum Auge führen. Durch Beeinträchtigung von Nervenbahnen, welche nicht bewusst steuerbare Impulse an Organe leiten (sie steuern z. B. Herzschlag, Atmung, Darmaktivität usw.) entstehen die 3 zusammen auftauchenden typischen Symptome: Ein hängendes oberes Augenlid (dadurch scheint das Auge kleiner), eine Verengung der Pupille (im Vergleich zur gesunden Seite erscheint die Pupille kleiner) und ein Einsinken des Augapfels in die Augenhöhle (was bei Hund und Katze dann zum Vorfall des 3 Augenlides, dem sogenannten Nickhautvorfall führt). Und dies hat Herr Horner rausgefunden und daher nach ihm benannt. Ich kann mich noch gut an den ersten Fall in meiner beruflichen Tätigkeit erinnern. Denn das Krankheitsbild ist nicht sehr häufig und – ja, das tönt nun etwas komisch – man freut sich darüber etwas theoretisch Gelerntes zum ersten Mal live zu sehen. So war es auch letzte Woche als mir die 14-jährige Hauskatze «Lilly» mit Hornersyndrom vorgestellt wurde.

Auch bei ihr muss der Sympatikusnerv irgendwo auf seinem Weg (die Nervenbahnen verlaufen vom Gehirn im Rückenmark bis ca. Brusthöhe, verlassen dann das Rückenmark um entlang der Halsschlag­ader und am Mittelohr vorbei zurück zum Auge zu gelangen) geschädigt sein. Unfall und Trauma, sowie Ohrenentzündung konnten wir ausschliessen. Weitere Untersuchungen wären aufwändig und führen nicht immer zu Resultaten, denn bei gut der Hälfte der Patienten findet man keine Ursache. Das Gute daran: Die Symptome können auch wieder spontan verschwinden oder sind mit entzündungshemmenden Mitteln beeinflussbar, was wir nun auch bei Lilly hoffen.

Dr. med. vet. Patrick Curschellas, Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster, www.kleintierpraxiskueng.ch

 


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