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Veröffentlicht 07. Juli 2020

David gegen Goliath

  • Bild: Shutterbug75, Pixabay

Der Vergleich David gegen Goliath hinkt etwas, denn wir wollten eigentlich nicht gegeneinander kämpfen. Vielmehr wollte ich (Goliath) dem kleinen Mäuse-David helfen. Was aber stimmt: Der Kleine hat gewonnen. Denn nachdem die Rennmaus ihre spitzen Zähne schmerzhaft tief in meinen Finger gebohrt hatte, liessen wir sie in Ruhe. Ich kann sie aber beruhigen: Ich lebe noch und der schmerzhafte Finger hat mich nur ein Wochenende lang beschäftigt. Desinfektionsmittel und ein Pflästerli haben geholfen.

Was aber wirklich nicht ganz einfach ist: Beim Zubeissen der Rennmaus die Hand ruhig zu halten, die Maus sanft in ihre Box zurück zu legen und ebenso ruhig zu hoffen, dass sie dann wieder loslässt. Aber was war geschehen? Die Besitzer hatten am Bauch der Maus eine Schwellung / einen Knoten entdeckt. Genau an der Stelle, wo man in etwa den Bauchnabel erwartet, haben die Rennmäuse ihre Duftdrüse. Mit dem Sekret aus dieser Drüse markieren sie Gegenstände im Käfig, aber auch andere Mäuse mit ihrem einzigartigen, persönlichen Duft, indem sie sich mit dem Bauch daran reiben. Auf dem Foto (übrigens: haben Sie nicht auch das Gefühl die Maus schaue etwas schuldbewusst, nach Verzeihung bittend in die Kamera?) sieht man die Duftdrüse als feinen Strich, bzw. gescheitelte Haare am Unterbauch. Nachdem ich die Maus – so flink wie sie ist – in die Hand nehmen konnte, versuchte ich die Schwellung abzutasten um auch herauszufinden ob es schmerzhaft ist, was mir die Maus mit unmissverständlicher Körpersprache mit einem Ja beantwortete.

Eine Duftdrüse kann entzünden und infizieren und wird dann schmerzhaft. Ebenso häufig kommen aber auch Tumoren dieser Drüse vor, welche sowohl gut- wie auch bösartig sein können. Um dies herauszufinden, müssten wir dann aber den Tumor chirurgisch entfernen und danach im Pathologielabor histologisch untersuchen lassen. Ausser dem Wissen für die Besitzer, um die Gut- oder Bösartigkeit, hätte diese Untersuchung aber für das kleine Tier keine weiteren Konsequenzen. Da ich keine Lust mehr hatte, die Rennmaus wieder in die Hand zu nehmen und keine Rachegelüste verspürte, welche ich mit einer Spritze befriedigen wollte, behandelten wir die Maus tröpfchenweise mit Medikamenten übers Futter. Sollte die Geschwulst damit nicht verschwinden, oder sogar grösser werden, so werden wir sie – natürlich unter Narkose – operieren müssen.

Dr. med. vet. Patrick Curschellas, Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster, www.kleintierpraxiskueng.ch

 


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