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Veröffentlicht 09. September 2020

Leckerbissen nach Polizeistunde

  • Bild: Isa Karakus auf Pixabay

Heute möchte ich Ihnen eine unterhaltsame Sommer-Geschichte erzählen und dies sogar mit Happy End: Irgendwas stört meinen Schlaf, schliesslich realisiere ich, dass mein Notfall-Handy klingelt. Etwas benommen, denn ganz aus dem Tiefschlaf gerissen, melde ich mich. Es dauert eine Weile und ich muss mehrmals nachfragen, bis ich die Situation verstehe. Eine Katze mit eingewachsenem Halsband wurde von Gästen beim Verlassen des Restaurants auf dem Parkplatz gesehen. Man könne sie nicht anfassen und daher mit ihr auch nicht in die Praxis kommen. Niemand wisse, wem die Katze gehöre, sie sei aber in Begleitung von drei kleinen Katzenwelpen.

Dass Katzen mit ihrem Vorderbein unter das zu locker befestigte Halsband rutschen, welches dann unter der Achsel durchführt, kommt immer wieder mal vor. Meistens wird dies aber, weil sie humpelnd daher gelaufen kommen, schnell bemerkt und sie können befreit werden. Diesem Tier konnte aber offensichtlich bisher niemand helfen oder es liess sich eben nicht helfen. Ich bitte die Anrufende an Ort zu warten und die Katze mit den Jungen im Auge zu behalten, falls sie weglaufen würde. Mit wirrem Haar und zerknittertem Gesicht (für Äusserlichkeiten bleibt keine Zeit) mache ich mich auf den Weg und stelle im Kopf bereits eine Liste mit den notwendigen Utensilien zusammen: Fangnetz, Gartenhandschuhe, Narkosemittel, Transportkäfig, Zange, Schere, Desinfektionsmittel ... und Le Parfait! Kurz nach Mitternacht am Ort des Geschehens angekommen, erwartet mich in der lauen Sommernacht ein ganzes Grüppchen gutgelaunter Zuschauer (Publikum) auf dem Bänkli vor dem Restaurant.

Die Katze kauert immer noch unter dem Auto, aber lässt sich mit einem «Miez, miez» hervorlocken. Sie scheint gar nicht so wild und gefährlich und so kommt an Stelle von Fangnetz und Handschuhen die Le-Parfait-Tube zum Einsatz. Paste leckend kann ich die Katze zwar anfassen, bezweifle aber, dass ich sie festhalten und mitnehmen könnte. Das Halsband (ohne Kontaktdaten!) schneide ich mit der Schere durch und desinfiziere die etwas übel riechende Schürfwunde. Die Haut unter den Krusten ist noch intakt und nach einer weiteren Portion Le Parfait geht die Katze mit den Jungen wieder ihres Weges – hoffentlich gut begleitet von einem Schutzengel. Statt mit einer Rechnung verabschieden wir uns mit einem grossen Dankeschön fürs Hinschauen (an diesen Kosten beteiligen sich unsere Kunden jeweils mit den Trinkgeldern) und hätte die Gaststube noch geöffnet gehabt, so hätten wir wohl noch mit einem Glas angestossen.

Dr. med. vet. Patrick Curschellas, Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster, www.kleintierpraxiskueng.ch

 


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