Geburtstagsgeschenk
- Bild: Patrick Curschellas
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Es gibt eigentlich nur 2 Situationen, bei welchen wir Hausbesuche machen, denn es ist viel einfacher Tiere in der Kleintierpraxis zu untersuchen und zu behandeln als in ihrem Zuhause. Die ganze Infrastruktur mit Hilfskräften steht uns hier zur Verfügung und die Tiere (vor allem die Katzen) sind auf fremdem Territorium ruhiger. Wir haben dann sozusagen Heimvorteil. Die zwei Situationen, welche einen Hausbesuch erlauben, könnten unterschiedlicher fast nicht sein: Entweder haben wir die freudige Aufgabe bei einem/r Züchter/in einen ganzen Wurf Hundewelpen zu impfen, oder die traurige Pflicht ein Tier und seine Besitzer auf dem letzten Weg zu begleiten.
Es war ein Tag im Sternzeichen des Schützen – und es war mein Geburtstag. Also nicht gerade der passende Tag, um mich auf den Weg zu «Tigi» zu machen, die so altersschwach sei, dass die Besitzerin die Euthanasie zu Hause wünschte. Vor einem halben Jahr hatten wir entschieden, die an Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) erkrankte Katze nicht mit Diätfutter und täglich zweimaliger Insulininjektion zu behandeln. Das Behandlungsmanagement und die regelmässigen Tierarztbesuche wollten wir beiden Senioren (Tier und Besitzerin) nicht zumuten. Es war abgesprochen, dass Tigi ihren Lebensabend so lange wie möglich geniessen solle und dann irgendwann der Tag kommen werde, um Abschied zu nehmen.
Da Tigi in den letzten Tagen erbrochen hatte und ab und zu schwer atmete, dachte ihre Besitzerin es sei nun soweit und wollte kein Risiko eingehen, zu spät zu handeln und das Tier leiden zu lassen. Vermutlich macht man sich im Alter vermehrt Gedanken darüber, wie es für seine Tiere wohl weiter gehen werde, wenn man selber nicht mehr da ist? Und wie man selber sterben möchte und dies den Tieren auch ermöglichen möchte. Die Besitzerin hatte Verantwortung übernommen und den Entscheid gefällt, uns für die Euthanasie nach Hause zu bitten. Als ich in die gemütliche Stube trat, lag Tigi ganz entspannt und ruhig da. Ich war überrascht, weil sie kaum abgenommen hatte und der Untersuch kein schlechtes Bild vermittelte, wodurch ich ein ungutes Gefühl beim Gedanken an die Euthanasie bekam. Wir setzten uns hin und die Besitzerin erzählte mir, was sie beschäftigt und wie ihr Tagesablauf aussehe. Als ich ihr meinen Eindruck schilderte und von der Euthanasie abriet, merkte ich ihr die Erleichterung sofort an. Sie war froh die Entscheidung und Verantwortung teilweise abgeben zu dürfen. Schliesslich gingen wir in den Wintergarten, setzten uns zu einem Kaffee hin und Tigi sprang auf den Stuhl neben ihre Besitzerin für das tägliche Frühstücksritual: Etwas «Ankebrot» und Milch zusammen zu geniessen. Eine zufriedene harmonische Morgenstimmung in wunderbarer Umgebung. So stellt man sich einen Geburtstag vor. Danke!
Dr. med. vet. Patrick Curschellas, Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster, www.kleintierpraxiskueng.ch
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