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Veröffentlicht 03. Februar 2021

Nebenwirkungen

  • Bild: Wil Nemao auf Pixabay
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Alle Neben- oder unerwünschten Wirkungen von Medikamenten zu kennen ist fast nicht möglich. Meistens sind sie auch so unbedeutend, dass die Besitzer davon gar nichts mitbekommen und uns daher auch nicht informieren können. So wissen wir zuerst auch nicht, was mit der 15-jährigen Hauskatze los ist: Vor einer Stunde hat sie eine Spritze gegen Übelkeit und Erbrechen erhalten und nun sei sie zu Hause rückwärtsgelaufen, wie wild herumgesprungen, an der Besitzerin hochgeklettert und habe ihr die Krallen in die Haut gedrückt und sie leicht gebissen. Das Tüechli im Transportkäfig scharrt sie mit den Pfoten zur Seite. Umgangssprachlich würden wir sagen: «Die spinnt!»

Wir untersuchen die Katze, aber finden eigentlich nichts Auffälliges. Sie verhält sich normal, stämpfelet mit den Pfoten, schnurrt und leckt das le Parfait. Keine Schmerzen, Atmung und Kreislauf sind in Ordnung und auch beim Abtasten finden wir nichts Auffälliges. Und dann kommt der wichtige Satz der Besitzerin: «Das hatte sie schon einmal, als ich ihr die Tablette gegen Erbrechen und Übelkeit geben musste». Könnte das vom Medikament sein? Seit langem arbeite ich in diesem Beruf, aber diese Frage musste ich noch nie beantworten. Glücklicherweise gibt es das Internet und die «Vetpharm»-Seite der Universität Zürich. Und was steht dort unter Nebenwirkungen dieses Medikamentes: «Bei Hunden ist die häufigste Nebenwirkung, wenn auch selten gesehen, eine Verhaltens- und Wesensveränderung. Auch bei Katzen kann es zu rasendem Verhalten oder zur Desorientierung kommen.» Rasend und desorientiert? Passt wohl!

Ebenso, dass die unerwünschte Wirkung von selber verschwindet und zeitlich mit der Medikamentengabe übereinstimmt. Die Nebenwirkung des Medikamentes rührt daher, dass es seine Wirkung über die Dopaminrezeptoren im Gehirn entfaltet, über welche auch viele andere Nervenimpulse übermittelt werden. Da diese unerwünschte Wirkung wirklich selten ist, werden wir auch in Zukunft die Besitzer nicht regelmässig darauf aufmerksam machen müssen. Anders jedoch bei der Spritze gegen Durchfall, welche auf Grund reduzierter Speichelproduktion einen trockenen Mund zur Folge hat. Oder der Hinweis auf den Durst und Hunger nach Cortisongaben. Diese Nebenwirkungen sind häufig. Und haben sie auch schon mal Beipackzettel von Medikamenten gelesen? Da möchte ich fast behaupten: «Keine Wirkung ohne Nebenwirkung». Wichtig ist aber, dass die erwünschte Wirkung immer und deutlich eintritt, jedoch die unerwünschte Wirkung nur sehr selten und schwach. Das erhoffe ich mir auch nach der ersten Turnprobe nach der Coronakrise betreffend der Nebenwirkung «Muskelkater und Kopfschmerzen»! (Zumindest Männerriegler wissen, was ich meine.)

Dr. med. vet. Patrick Curschellas, Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster, www.kleintierpraxiskueng.ch

 


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