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Veröffentlicht 11. November 2020

Rachenverletzung

  • Bild: Carnation auf Pixabay

Der Tierarzt sollte im Umgang mit seinen eigenen Tieren ja ein Vorbild sein. Ein Tierarzthund sollte perfekt gepflegt, erzogen, gefüttert und natürlich gesund sein. Bei einigen Dingen gelingt mir das, bei anderen versuche ich es – nicht immer mit Erfolg. Dass ich in alldem einfach durchschnittlich bin, bringt aber den Vorteil mit sich, dass ich unsere Kunden verstehen kann und weiss, was wir manchmal von ihnen verlangen.

So raten wir zum Beispiel strikte davon ab, den Hunden fürs Apportieren Holzstecken zu werfen oder rumtragen zu lassen, weil es Ihnen so ergehen könnte, wie dem halbjährigen Lagotto-Rüden: Am Vormittag waren die Besitzer mit dem jungen Wildfang noch auf dem Spaziergang und es war absolut nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Abends wollte er aber nicht fressen und hat sich auffällig passiv verhalten. In der Praxis beim Untersuch der Maulhöhle ist etwas Blut im Rachen aufgefallen und meine Frage, ob der Hund Holzstecken mit sich rumtrage, wurde bejaht. Der Verdacht für eine Rachenverletzung war also gegeben und der Hund musste in Narkose gelegt werden, um den Rachen bis weit hinten zu inspizieren.

Tatsächlich war ein ca. 3 cm langer Riss im Rachendach zu sehen und konnte mit dem sehr langen Nadelhalter genäht werden. Dabei kam mir wieder einer der ersten Tipps meiner Ausbildner zu Gute, eine Naht in schwer zugänglichem Gebiet immer an der schwierigsten Stelle, in diesem Falle also ganz hinten, mit Nähen zu beginnen. Wie es zur Verletzung mit dem Stecken kam, war nicht nachvollziehbar, aber die Besitzer werden es dem Hund in Zukunft versuchen zu verbieten. Und damit sind wir wieder beim Vorbild: Ich selber nehme unserem Hund auch nicht jeden Stecken aus dem Maul (je dicker umso weniger gefährlich) und ich habe auch schon mal einen geworfen. Denn das Apportieren klappt noch nicht zu 100% und ich bin es leid, die ungefährlichen Wurfgeschosse wie Tennisball oder ähnliches in der Wiese oder im Dickicht zu suchen. Fellpflege mache ich auch zu wenig, dafür haben wir eine super Coiffeuse, die das für uns professionell erledigt. Ich mische Nassfutter vom Grossverteiler zum Qualitätsfutter aus der Praxis, damit sie’s lieber frisst und unsere Hündin muss oft stundenlang warten, bis wir wieder Zeit für sie haben. Aber wir lieben sie und das beruht vermutlich auf Gegenseitigkeit.

Übrigens: Beim Kochen bekommt unsere Hündin jeweils nur von meiner Frau etwas ab, was sie natürlich weiss und daher nur bei ihr im Wege steht. In dieser Situation bin ich deutlich strenger – mit dem Hund als mit mir.

Dr. med. vet. Patrick Curschellas, Kleintierpraxis Dr. S. Küng AG, 6215 Beromünster, www.kleintierpraxiskueng.ch

 


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