Isidor Keller bewahrt die umfangreiche Geschichte des Dürrenäscher Auslandschweizer-Homes
- Text: Patrick Tepper
- Bild: Patrick Tepper / zVg.
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Neun Gebäude gehörten in der Zeit zwischen 1956 und 1979 in Dürrenäsch zum Auslandschweizer-Home. Aus einer Seidenfabrik entstanden, diente das Wohlfahrtswerk der Firma J. Bertschy Jgr. AG zahlreichen Auslandschweizern als Unterkunft während ihrer Aufenthalte in ihrem Heimatland. Isidor Keller bewahrt heute tausende Fotos, zahlreiche Filme und viele Gegenstände auf. Mit seinem Wissen ermöglicht er einen Blick durch ein Fenster in eine Zeit, die sicher weniger hektisch und vielleicht etwas unbeschwerter als die derzeitigen Dekaden war.
«Ohne Herbert Bertschy-Ringier und seine Gattin Rita hätte es das Home in Dürrenäsch nicht gegeben», spricht Isidor «Isi» Keller über das Gründerpaar. Die Liebe zu den Auslandschweizern, die Heimatliebe, die Gastfreundschaft und der Dienst am Nächsten waren die Leitgedanken bei der Gründung im Jahr 1956. In dieser Zeit wurde das teure Reisen gerne mit einem kostengünstigen Aufenthalt kompensiert. Das Home ermöglichte dies und bot die Möglichkeit, durch die Mithilfe bei den Arbeiten des Alltags oder auf dem dazugehörenden Bampfhof die Kosten weiter zu senken. Das Fabrikgebäude der ehemaligen, im Jahr 1865 gegründeten Seidenfabrik vis-a-vis der «Villa» wurde aufgestockt und ausgebaut und bot rund 100 Auslandschweizern die Möglichkeit zu einem Aufenthalt im ländlichen Umfeld. Kinder, Familien, Ehepaare, Studenten und Senioren verbrachten in Dürrenäsch ihre Ferien oder besuchten Kurse und Tagungen.
Durch die Reisenden aus der ganzen Welt war das Dorf gut erschlossen, erhielt ein fest stationiertes Postauto, es waren Privatfahrzeuge im Einsatz und Emil Lüscher führte einen Busbetrieb für die Ausflüge der Gäste. Ein Highlight waren jeweils die Bundesfeiern am 1. August, an denen rund 350 Personen teilnahmen. Selbst auf die Dürrenäscher Schule hatte das Home Auswirkungen. Zahlreiche musikalische Unterhaltungsprogramme für die Gäste wurden durch die einheimischen Kinder und Jugendlichen bestritten. «In Dürrenäsch waren relativ viele Leute beim Home fest oder teilweise angestellt», weiss Isi Keller, dessen Mutter dort eine Festanstellung hatte. Er selbst hat durch diese Verbindung viel Zeit dort verbracht. Neun Gebäude umfasste das Home inklusiv des von der Familie Stalder geführten Landwirtschaftsbetriebes auf der Bampf. «Es war ein Dörfli im Dorf», erinnert sich Isi Keller. Finanziert wurde der Betrieb neben der Familie Bertschy durch Stiftungen wie beispielsweise die Pro Juventute oder die Pro Helvetia, durch das Bundesamt für Industrie und die Auslandschweizer Schulen. Neben den Alltagsarbeiten wurde im Home auch gerne gefeiert. Die Garage aus der Anfangszeit wurde später zur «Locanda» ausgebaut und diente als Lokal für zahlreiche Festivitäten.
Im Jahr 1975 erlebte die Gästefrequenz nach einigen Jahren des moderaten Rückgangs einen massiven Einbruch. Es bestanden alternative Reiseangebote, die finanzielle Lage der Reisenden hatte sich positiv entwickelt und man wollte auf einer Reise Land und Leute kennenlernen, was im Home nur bedingt möglich war. Nach weiteren vier Jahren, in denen hauptsächlich Pensionierte ihre Zeit in Dürrenäsch verbrachten, wurde das Auslandschweizer-Home geschlossen und ein spannendes Kapitel wurde abgeschlossen. Dass die Dürrenäscher Dorfgeschichte bis heute interessiert, zeigte ein erster Vortrag im Alters- und Pflegeheim in Seon, an dem rund 100 Personen teilgenommen haben. Weitere Anlässe sollen folgen und Isi Keller möchte gerne Kontakt zu an der Dorfgeschichte interessierten Personen knüfpen, um die Dokumente zu erhalten und zugänglich zu machen.
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