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Diese Spielkarten aus Basel gehen auf das Jahr 1520 zurück. Bereits sind die vier Spielfarben festgelegt, ebenso die neun Karten pro Farbe (Transhelvetica No. 62).
Veröffentlicht 04. Juni 2025

Digitale Dorfchronik – Eintrag des Monats: «Schaufeln» ist Trumpf

  • Text: Patrick Zehdner
  • Bild: zVg.

Warum jasst Meisterschwanden mit französischen Karten?
Wenn jemand aus Meisterschwanden einen Jass klopft, dann werden französische Spielkarten gemischt. Egge, Herz, Schaufeln, Kreuz. Aber schon in der Nachbargemeinde Sarmenstorf dagegen fliegen deutsche Spielkarten auf den grünen Jassteppich. Eicheln, Rosen, Schilten, Schellen. Doch der Unterschied ist nicht so gross, wie man denkt. Denn die Spielregeln – ob beim Schieber, Bieter oder Differenzler – sind die gleichen. Im Grunde genommen, denn sie weichen von Familie zu Familie, von Jassgruppe zu Jassgruppe leicht ab.

Doch zurück zum «kleinen Unterschied»: Woher kommt es, dass Meisterschwanden französisch jasst? Verantwortlich dafür ist wieder einmal die Berner Herrschaft. Aber alles der Reihe nach. Der Ursprung unserer volkstümlichen Kartenspiele wird in Chinesisch-Turkestan gesucht. Zur Zeit der Kreuzzüge im hohen Mittelalter gelangten Karten mit verschiedensten Motiven in die italienischen Städte, wo zuerst die Oberschicht damit spielte. Die einfachen Soldaten machten es den noblen Rittern nach und nahmen die Gewohnheit des Kartenspielens mit in ihre Dörfer und Sippen. Damit wäre die Verbreitung der Karten erklärt.

Militär und Fernsehen tragen zur Verbreitung bei
Jetzt stellt sich noch die Frage nach den Spielregeln. Die Volkskunde nimmt an, dass die Art und Weise, mit Karten zu spielen, über Schweizer Söldner in holländischen Diensten in die Alte Eidgenossenschaft gekommen ist. Der Begriff Jass soll aus dem Niederländischen stammen, wo Jos so viel wie Bauer bedeutet, also die höchste Trumpfkarte. Holländischer Herkunft ist auch Nell für die Karte Neun. So richtig populär wurde das Jassen allerdings erst im 20. Jahrhundert, als Angehörige der Schweizer Armee in die entlegensten Täler und Dörfer des Landes kamen.

Die Soldaten und Unteroffiziere suchten neben der militärischen Ausbildung und den harten Befestigungsarbeiten etwas Abwechslung. Und sie fanden diese beim Jassen, das die Wissenschaft als Ruhespiel bezeichnet – also einen Ausgleich in gemütlicher Runde. Wenig später verbreitete sich der «Samschtig-Jass» über das Fernsehen in viele Schweizer Stuben. Die seit 1968 von Kurt Felix (1941–2012) konzipierte und moderierte Sendung trug dazu bei, dass schweizweit einheitliche Regeln angewandt werden. Felix’ Schiedsrichter und Experte Göpf Egg (1921–2010) fasste sie schon 1969 in «Puur, Näll, As. Offizielles Schweizer Jassreglement».

jasser reglementDas Jassreglement des Schaffhauser Kartenherstellers David Hurter stammt aus den Jahren 1830 bis 1844 (Transhelvetica No. 62).

Widerstand und Jasskartengrenze
Dennoch kannten die Kartenspiele, die sich schneller als die Pest verbreitet haben sollen, mächtige Gegner. Die gestrenge Obrigkeit sah es nicht gern, dass Bauern und Handwerker zusammensassen, und vermuteten Aufruhr und Umsturz. Dazu gehörten oft Musik, Gesang, Tanz und Wein. Zudem brachte das Spielen um Geld zahlreiche Familien um Hab und Gut. Überdies wurden Spielkarten auch zum Wahrsagen benutzt, was wiederum die Kirche aufschreckte. Kartenspiele galten der Geistlichkeit als «Gebetbuch des Teufels». Deshalb verbot zum Beispiel der Stadtstaat Bern im Jahr 1367 die Jasskarten. Nach der Eroberung des Aargaus durch die Berner galt das Verbot ab 1415 auch im Seetal. Mit der Reformation kamen die Chorgerichte auf, die über alle Lebensbereiche wachten und bei Zuwiderhandlungen hart bestraften. Im Verlaufe der Zeit wurden die Bestimmungen gelockert und auf bernischem Territorium nur noch eine Steuer beim Kauf von Jasskarten erhoben.

Längst sind diese Zeiten vorbei. Die französischen Karten haben in vielen Gegenden die älteren deutschen verdrängt. Mit deutschen Spielkarten jasst vor allem die Ost- und die Zentralschweiz und mit ihnen das Freiamt und das Badenbiet. So entstand über die Jahrhunderte eine eigentliche Jasskartengrenze, die vom Hallwilersee bis zur Aaremündung der bis 1798 geltenden Aussengrenze Berns folgt. Diese Grenze ist übrigens ein Teil von etwas Grösserem, einer Linie vom Brünigpass über den Napf an den Unterlauf der Reuss. Doch dazu ein anderes Mal.

jasskartengrenzeDie Verteilung der französischen und der deutschen Jasskarten zeigt, dass Meisterschwanden an der Jasskartengrenze liegt. Zur Orientierung Punkt 245 ist Seengen, 446 Sarmenstorf (Weiss, Volkskunde, 1978, Abb. bei Seite 224.).

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