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Veröffentlicht 06. November 2024

Digitale Dorfchronik – Eintrag des Monats: Bevorzugte Wohnlage über dem See

  • Text: Simon Steiner, Gemeindeverwaltung Meisterschwanden
  • Bild: Farbig: ETH-Bibliothek, Bildarchiv; schwarzweiss: Sammlung Gemeinde Meisterschwanden

Die Siedlungs- und Bevölkerungsentwicklung von Meisterschwanden
Meisterschwanden ist die attraktivste Gemeinde im Kanton Aargau. Zu diesem Schluss kam das Gemeinderating der Handelszeitung in den Jahren 2022 und 2023. Als Kriterien für die Rangliste wurden Wohnqualität, Steuern, Erreichbarkeit, Versorgung, Sicherheit und Arbeitsplatzsituation berücksichtigt – und viele mehr.

Für die mittelalterlichen Bewohner des Gemeindegebiets dürfte neben fruchtbarem Land insbesondere die Verfügbarkeit von Wasser zentral gewesen sein. Die Ursiedlung des Dorfes, das 1173 erstmals in einem schriftlichen Dokument erwähnt wird, befand sich vermutlich unmittelbar nördlich des Dorfbachs – im Gebiet der alten Mühle. Während des Mittelalters waren Meisterschwanden und Tennwil nur schwach besiedelt. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurden in Meisterschwanden neun Feuerstätten gezählt, in Tennwil deren fünf. Eine Feuerstätte entsprach einer Hausgemeinschaft mit Grossfamilie und Hausangestellten. Während Jahrhunderten bildeten Landwirtschaft, Weinbau und Fischerei die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Eine Zählung im Jahr 1653 ergab 24 Feuerstätten in beiden Ortsteilen, 1764 waren es bereits 87. Damals lebten 471 Menschen im heutigen Gemeindegebiet.

luftbild 1993

Baumwollweberei und Bevölkerungsdynamik
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren es bereits mehr doppelt so viele. Diese deutliche Zunahme lässt sich dadurch erklären, dass sich die Baumwollweberei im 18. Jahrhundert als Heimindustrie etablierte. Wie der aus Meisterschwanden stammende Historiker Jean-Jacques Siegrist (1918–1992) festgestellt hat, spielten dabei mehrere Faktoren im Wechselspiel zusammen. Dass die Landwirtschaft die wachsende Bevölkerung kaum mehr zu beschäftigen und zu ernähren vermochte, trug dazu bei, dass sich das Dorf zu einem Zentrum der Baumwollweberei entwickelte. Diese Protoindustrialisierung wiederum bot eine wirtschaftliche Grundlage dafür, in der Region sesshaft zu werden oder zu bleiben. Die Menschen heirateten früher und bekamen mehr Kinder, die Bevölkerung wuchs weiter.

Während sich Meisterschwanden zunächst um den Dorfbach und das Gebiet Flücke gruppierte und dann entlang der Strasse auf der Nord-Süd-Achse zu wachsen begann, war Tennwil bereits früh eine ausgesprochene Strassensiedlung. Die Ablösung der Baumwollweberei durch die Strohflechterei liess in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entlang des Dorfbachs ein ausgeprägtes Industriegebiet mit Fabrikgebäuden, Villen und Arbeiterhäusern entstehen.

luftbild 1924

Stagnation und rasches Wachstum
Die Bevölkerungszahl veränderte sich zwischen 1850 und 1950 hingegen nur unwesentlich – sie pendelte sich bei knapp über 1000 Einwohnerinnen und Einwohnern ein. Ab den 1960er-Jahren setzte dann eine beträchtliche Neubautätigkeit ein. Zum einen entstand in der Lindenmatt ein neues Industriegebiet, zum anderen wurden mehrere Wohnquartiere gebaut. Zwischen 1970 und 2003 wuchs die überbaute Fläche auf dem Gemeindegebiet von 46 auf 73,3 Hektaren. Damit ging ein deutliches Bevölkerungswachstum einher: 1998 wurde die Marke von 2000 Einwohnern erreicht, 2020 jene von 3000.

Mit regelmässig angepassten Bau- und Nutzungsordnungen versuchte die Gemeinde, der Zersiedelung entgegenzuwirken und eine innere Verdichtung zu erreichen. Die landschaftlich reizvolle Lage über dem Hallwilersee mit Fernsicht auf die Alpen sowie eine gezielte Finanzpolitik trugen ihren Teil dazu bei, dass sich Meisterschwanden zu einer bevorzugten Wohngemeinde entwickelte. Ein tiefer Steuerfuss zeugt davon, ebenso wie hohe Boden- und Immobilienpreise.

Wie wichtig das Wasser abgesehen von der Seesicht immer noch ist, zeigte sich 1985/86, als die Wasserversorgung wegen Problemen beim Grundwasserpumpwerk Delphin prekär wurde. Nach umfassenden Sanierungen des Pumpwerks sowie der Quellfassungen und Reservoirs auf Fahrwanger Gemeindegebiet konnten die neuen Wasserversorgungsanlagen 1994 eingeweiht werden.

luftbild 1993

Lesen Sie hier weiter: www.meisterschwanden.ch/dorfchronik



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