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Abschrift des Pachtvertrags für die Fähre von 1899 zwischen dem Kanton Aargau und der Dampfschiffgesellschaft, welche die Wirte an den vier Stationen als Unterpächter anstellte (Gemeinde Meisterschwanden).
Veröffentlicht 04. September 2024

Digitale Dorfchronik – Eintrag des Monats: Der Ruf des Fährhorns

  • Text: Simon Steiner, Gemeindeverwaltung Meisterschwanden
  • Bild: Gemeinde Meisterschwanden

Die Freihandfähre als Transportmittel auf dem See
Der See gelangte im Mittelalter in den Besitz der Herren von Hallwil, die ihm auch den Namen liehen. Mit dem Ende der Alten Eidgenossenschaft verloren die Hallwil – oder Hallwyl, wie eine alternative Schreibweise lautet – 1798 ihre Herrschaftsrechte. Den See beanspruchten sie aber weiterhin für sich. Nicht nur die Fischer mussten ihnen Abgaben zahlen, sondern auch die Betreiber des Fährverkehrs, für den Ruderboote in Beinwil und Birrwil stationiert waren.

Weitere private Boote oder Schiffe waren auf dem See nicht erlaubt. 1844 erhielt die Kuranstalt Brestenberg in Seengen die Bewilligung für ein Badehaus und ein Ruderboot. Als Theodor von Hallwil 1852 Eigentümer des Sees wurde, erhöhte er die Konzessionsgebühr so massiv, dass sich Brestenberg-Besitzer Adolf Erismann beim Regierungsrat beschwerte – und gleichzeitig die Rechtmässigkeit der Hallwilschen Besitzansprüche infrage stellte. In der Folge gelangten 22 Gemeinden mit einer Petition an den Regierungsrat und argumentierten, die Herrschaft des Hauses Hallwil über den See widerspreche dem Hoheitsrecht des Staates und dem öffentlichen Interesse. Der See falle unter die Kategorie der Gewässer, die vom öffentlichen Verkehr in Anspruch genommen werden dürften. «Unzweifelhaft gehört der Hallwylersee unter die Zahl dieser Gewässer, allein dessen Benutzung ist auf eine Weise beschränkt, wie sie mit den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen nicht mehr verträglich ist.»

Die Petitionäre störten sich unter anderem daran, dass sich Fährpassagiere vom rechten Ufer mit einem Hornsignal bemerkbar machen und dann warten mussten, bis der Fährmann angerudert kam: «Es bestehen nämlich auf dem ganzen See nur zwei Schiffsstationen, beide auf dem linken Seeufer, auf dem rechten keine, sodass derjenige, welcher sich vom rechten auf das linke Ufer will übersetzen lassen, im günstigen Falle seine oft kostbare Zeit mit Warten vergeuden muss, und nicht selten kann sein Ruf das jenseitige Ufer nicht erreichen, oder es ist dem Ohre des Fährmanns nicht gelegen, den Ruf zu vernehmen.» Ein Ausbau der Schifffahrt sei insbesondere für die Handelshäuser in Meisterschwanden wichtig, die zahlreiche Arbeiter von der anderen Seeseite beschäftigten.

Acht Todesopfer bei der Havarie von 1862
Nach langen Verhandlungen verkaufte Theodor von Hallwil den aargauischen Teil des Sees schliesslich 1859 für 30 000 Franken an den Kanton. Damit unterstand nun auch der Fährbetrieb der staatlichen Aufsicht. In Meisterschwanden wurden zwei Fährstationen in Betrieb genommen, eine bei der Seerose und eine beim Delphin. Kurz darauf, im Juli 1862, kam es zu einem Unglück, als ein mit neun Personen überladenes Boot bei windigen Verhältnissen mitten auf dem See kenterte. Sieben Passagiere und der Fährmann ertranken auf dem Weg von Beinwil nach Meisterschwanden.

Die 13-jährige Louise Siegrist aus Meisterschwanden überlebte als Einzige – sie konnte sich am umgekippten Boot festklammern, bis Hilfe eintraf.

Die Aufnahme der Dampfschifffahrt 1888 führte zu Interessenkonflikten mit den Fährbetrieben, die laufende Pachtverträge hatten. Der Kanton vergab die Betriebskonzession an die Dampfschiffgesellschaft, zwar mit der Auflage, sich mit den Fährleuten zu einigen. Diese durften innerhalb einer halben Stunde vor Abfahrt eines Schiffs keine Passagiere aufnehmen. Weil sie sich offenbar nicht immer daran hielten, verlangte die Dampfschiffgesellschaft im Sommer 1890 einen Schadenersatz von 300 Franken. Im Herbst bewarb sich die Seetalbahn, die nun die Betriebsführung der Schifffahrt übernommen hatte, erfolgreich um die Fährpacht und stellte die Fährleute als Unterpächter an. Die Hierarchie war damit klar, und die Schonzeit vor Abfahrt eines Kursschiffs wurde auf 45 Minuten verlängert.

Der Fährbetrieb unterlag klaren Regeln, wie der über vier Jahre laufende Pachtvertrag von 1899 zeigt. Der Vertrag zwischen der kantonalen Baudirektion und der Dampfschiffgesellschaft hielt die Rechte und Pflichten der Pächter in 19 Punkten fest. Demnach unterlagen die Fährschiffe einer Prüfung durch den Kanton, worauf die zugelassene Anzahl Passagiere «an der Innenseite des Schiffes an einer in die Augen fallenden Stelle mit weisser Ölfarbe auf schwarzen Grunde» anzuschreiben war. Weiter hiess es in den Bestimmungen: «Als Fährleute dürfen nur fachkundige, kräftige, dem Trunke nicht ergebene Männer mit normalen Gesichts- und Gehörorganen verwendet werden.» Bei Dunkelheit habe das Schiff «eine brennende Laterne mitzuführen, welche namentlich auch nötigen Falls zum Leuchten beim Ein- und Aussteigen zu dienen hat.»

Als Unterpächter fungierten die Wirte der Gasthäuser bei den vier Fährstationen, von denen aus auch die weiteren Anlegestege in Aesch, Mosen, Alliswil und Seengen bedient werden durften. Während die Dampfschiffgesellschaft schon bald auf Motorbetrieb umstellte, kam der Freihand-Fährbetrieb im frühen 20. Jahrhundert ausser Gebrauch.

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